/ „Das ist ein großes Problem für uns“

(Hmontaigu)
Am Dienstag hatte die für Beschäftigung und Soziales zuständige EU-Kommissarin Marianne Thyssen eine Reform der Koordinierung der Sozialsysteme in der EU vorgestellt. Ein Teil dieser Reform läuft jedoch den beschäftigungspolitischen Maßnahmen in Luxemburg zuwider, meint Luxemburgs Arbeitsminister Nicolas Schmit.
Bislang läuft die Zahlung von Arbeitslosengeld an arbeitslos gewordene Pendler wie folgt ab: Der Belgier, Deutsche oder Franzose, der seinen Job verloren hat, meldet sich in seinem Heimatland als arbeitslos an und bezieht dann die in seinem Land rechtlich festgelegten Beträge. Das jeweilige Heimatland wiederum wendet sich danach an Luxemburg, um die ersten drei Monate zurückerstattet zu bekommen.
Mit dem Vorschlag der Europäischen Kommission zur Reform der aktuellen Sozialgesetzgebung würde sich hieran einiges ändern – was für Luxemburg unter Umständen sehr teuer werden könnte.
Luxemburg müsste erstens für den gesamten Zeitraum der Arbeitslosigkeit aufkommen. Zweitens stünde dem infrage kommenden arbeitslos gewordenen Pendler nach dem Vorschlag der EU-Kommission Arbeitslosengeld nach Luxemburger Recht zu. Nach aktueller Regelung richtet sich das Arbeitslosengeld für Pendler aber nach den Gesetzen von deren Heimatland.
Nach den möglichen Mehrkosten für Luxemburg befragt, will Nicolas Schmit selber keine Zahlen nennen. Bislang belaufen sich die Kosten auf etwas mehr als 30 Millionen Euro pro Jahr.
Bei der Reform geht es der Kommission vor allem darum, Arbeitnehmern die Mobilität sprich die Suche nach Arbeit in einem anderen Land zu erleichtern, indem der Zugang zu Sozialleistungen klarer geregelt wird.
So sollten Arbeitssuchende sich ihr Arbeitslosengeld auch im EU-Ausland bis zu sechs Monate lang auszahlen lassen können, wenn sie dort nach Arbeit suchen. Bislang ist das nur während drei Monaten möglich.
Auf den Widerstand des luxemburgischen Arbeitsministers Nicolas Schmit trifft allerdings die Neuerung, nach der Grenzgänger ihr Arbeitslosengeld aus jenem Mitgliedstaat beziehen sollen, in dem sie in den letzten zwölf Monaten gearbeitet haben. Das würde bedeuten, dass Luxemburg für einen Großteil der Grenzgänger voll zahlen müsste.
Bislang gilt die Regel, dass Grenzgänger nur während drei Monaten ihr Arbeitslosengeld aus Luxemburg beziehen, ansonsten aber weiterhin bei der Arbeitsvermittlung ADEM gemeldet sein können. Gegenwärtig werden von Luxemburg jährlich an die 30 Millionen Euro an Arbeitslosenunterstützung an Arbeitslose in anderen EU-Staaten überwiesen.
Kontrolle in Luxemburg kaum möglich
„Das ist für uns ein großes Problem“, sagte uns Nicolas Schmit. Das sei ein Eingriff in die luxemburgische Beschäftigungspolitik, ärgerte sich der Minister. Denn die luxemburgischen Behörden hätten keine Möglichkeit, zu kontrollieren, ob ein arbeitsloser Grenzgänger in seinem Land auch wirklich nach Arbeit sucht, während er Arbeitslosengeld aus Luxemburg bezieht.
Zudem könnten, anders als bei einheimischen Arbeitslosen, keine Auflagen gemacht werden, etwa dass der Arbeitssuchende einer Ausbildung nachkommen oder den Nachweis erbringen muss, dass er auch tatsächlich nach einem neuen Arbeitsplatz sucht. Damit würden in Luxemburg lebende Arbeitslose gegenüber Grenzgängern diskriminiert, erklärte Nicolas Schmit, denn „der Grenzgänger bekommt dann Arbeitslosenunterstützung ohne Gegenleistung“. Schließlich könne er einen arbeitslosen Grenzgänger auch nicht dazu zwingen, in Luxemburg nach einer neuen Anstellung zu suchen.
„Ich kann das in dieser Form absolut nicht akzeptieren“, so Nicolas Schmit, der so bald wie möglich ein Gespräch mit der EU-Kommissarin führen will. Luxemburg sei besonders betroffen, da hier 20 Prozent der EU-weiten Grenzgänger Arbeit finden.
Zudem wunderte sich der Arbeitsminister, dass dieser Vorschlag ausgerechnet von einer Kommission komme, die von einem Luxemburger präsidiert werde. Nicolas Schmit betonte jedoch, dass es ihm nicht um das Geld gehe. Der Vorschlag der Kommissarin mache vielmehr beschäftigungspolitisch keinen Sinn. Marianne Thyssen würde sich mit ihrem Vorschlag viel zu sehr auf die Mobilität der Arbeitssuchenden fokussieren und diese als die Lösung gegen die Arbeitslosigkeit in Europa betrachten.