„Das ist ein besonders krasses Beispiel“

„Das ist ein besonders krasses Beispiel“
(Sauvegarde du Patrimoine)

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In Heinerscheid, das Dorf gehört seit 2011 zur Fusionsgemeinde Clervaux, wurden gerade zwei historische Häuser abgerissen. Der Verein „Sauvegarde du Patrimoine“ ist „geschockt“.

Mit der Geschichte ist niemand zufrieden – bis auf die Eigentümer. Und selbst das weiß man nicht. Fakt ist, das Haus von 1792 in der Straße um Knapp Nummer 4 in Heinerscheid stammt aus dem Jahr 1792, höchstwahrscheinlich sogar noch aus österreichischer Zeit.

Das Haus daneben , um Knapp – Nummer 6, ist ein klassisches Ardennerhaus aus dem Jahr 1857. Beide Häuser sind in Privatbesitz, haben Seltenheitswert und wurden letzte Woche abgerissen. Sie sollen einer Residenz mit acht Wohnungen weichen, die ein privater „Promoteur“ errichtet.

Häuser wichtig für das Erscheinungsbild

Über Denkmalschutz wurde nicht mal ansatzweise nachgedacht. Das sagt der Verein „Sauvegarde du Patrimoine“, der sich seit rund fünf Jahren für den Erhalt solcher Bauwerke einsetzt. „Das ist ein besonders krasses Beispiel für den Umgang mit der Baukultur hier im Land“, sagt Jochen Zenthöfer, der Vizepräsident des Vereins und verweist auf die Bedeutung der im Ortskern gelegen Gebäude für das dörfliche Erscheinungsbild.

„Die Baukultur ist ein wesentlicher Bestandteil der Kultur des Landes“, sagt Zenthöfer, „hier wird zunehmend Kulturgut ohne öffentliche Diskussion zerstört“. Ein fataler Umgang mit der historischen Substanz finden er und seine Mitstreiter. 150 Mitglieder hat der Verein, der sich vor allem im Norden und im Osten engagiert.

Luxemburg: Sehr geringe Denkmalschutzquote

Hinzu kommt die Tatsache, dass die Häuser ganz offensichtlich gut gepflegt waren, wie die Bilder zeigen. „Nummer 6 ist vor eine paar Jahren erst restauriert worden“, sagt Zenthöfer. Es ist auch eine Kritik an der Politik des Landes in dieser Sache. „Luxemburg hat die geringste Denkmalschutzquote in ganz Europa“, sagt der Fürstreiter für den Denkmalschutz. 0,4 Prozent aller Gebäude im Land sind schützenswert und dementsprechend klassiert, in Frankreich sind es nach Angaben der „Sauvegarde“ 3,0 Prozent.

Diese Zahlen stammen aus einer Parlamentsdebatte zum Thema vom 1. Juli 2015, in der sich die Volksvertreter in der „Chambre“ der Sache annahmen. „5.000 Gebäude müssten hier geschützt werden, rund 1.100 sind es nur“, sagt Zenthöfer, der wie CSV-Bürgermeister Emile Eicher Mitglied der Arbeitsgruppe zur Erarbeitung des neuen Denkmalschutzgesetzes war.

Aus dem Fehler lernen

Der Gemeindechef bestätigte auf Anfrage von Tageblatt.lu den Abriss. Er hat schließlich auch die Genehmigung dazu erteilt. „Ich bin überhaupt nicht froh darüber“, sagt er, „wenn ich mehr Bildmaterial zur Verfügung gehabt hätte, hätte ich anders entschieden“. Jetzt bliebe nichts anderes, als aus dem Fehler zu lernen. „Ich habe in ähnlichen Fällen schon mehrmals gute Ergebnisse in persönlichen Gesprächen mit den Eigentümern erzielt“, sagt Eicher. In diesem Fall ist es zu spät. Seine Verwaltung ist angewiesen, zur nächsten Abrissgenehmigung umfassenderes Fotomaterial vorzulegen.

Pikant auf nationaler Eben ist, dass die Hauptstadt zwar über ein Inventar an schützenswerten Gebäuden verfügt, sie aber nicht öffentlich macht. DP-Bürgermeisterin Lydie Polfer hält diese nach Angaben des Vereins unter Verschluss. In Esch wird gerade eine Inventarliste erstellt. „Denkmalschutz ist eine staatliche Aufgabe“, sagt Zenthöfer.