Das Attentat von Sarajevo und die Folgen

Das Attentat von Sarajevo und die Folgen
(dpa)

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Vor genau 100 Jahren erschoss ein serbischer Nationalist das österreichische Thronfolgerpaar. Einen Monat später begann der Erste Weltkrieg.

Der 28. Juni war nicht nur der Tag, an dem der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand die tschechische Adlige Sophie Chotek geheiratet hatte, sondern für viele Serben auch ein mythisches Datum. Am 28. Juni 1389 erlitt ein serbisches Heer eine vernichtende Niederlage gegen die Türken – seither galt der Jahrestag dieses Desasters als Symbol des serbischen Freiheitsdrangs.

Es war daher ziemlich gewagt, dass Franz Ferdinand ausgerechnet an diesem Tag Sarajevo besuchte. 1878 hatte Österreich-Ungarn Bosnien annektiert, dessen Bevölkerung zu rund 40 Prozent aus Serben bestand. Im benachbarten Königreich Serbien wurde dieser Schritt als Provokation empfunden, denn man war dort der Meinung, dass von Serben besiedelte Gebiete zu Serbien gehören müssten. Franz Ferdinand hätte also wissen können, dass er in Sarajevo nicht unbedingt willkommen, vielleicht sogar in Gefahr war.

Der erste Versuch scheitert

Tatsächlich hatten bereits sieben Attentäter entlang der Route von Franz Ferdinands Autokonvoi Aufstellung genommen, alle mit einer Bombe und einer Pistole bewaffnet. Unter ihnen waren die 19-jährigen bosnischen Serben Gavrilo Princip und Nedeljko Cabrinovic, die eine Zeit lang in Belgrad gelebt hatten. Dort waren sie von der nationalistischen Organisation „Schwarze Hand“, deren Kopf der Chef des serbischen Militärgeheimdiensts war, für das Attentat rekrutiert worden.

Als Erster bekam Cabrinovic die Gelegenheit, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Seine Bombe prallte jedoch vom zurückgeklappten Verdeck des Wagens von Franz Ferdinand zurück und detonierte auf der Strasse. Drei Insassen des folgenden Autos wurden verletzt.

Der Mord

Nachdem das Thronfolgerpaar den geplanten Empfang im Rathaus absolviert hatte, wollte Franz Ferdinand vor dem nächsten Termin die Verletzten im Spital besuchen. Dafür musste die Route geändert werden, doch man versäumte es, dies der lokalen Polizei mitzuteilen.

Als Franz Ferdinands Wagen falsch abbog und wenden musste, schlug die Stunde von Princip, der genau an dieser Stelle stand: Mit gezielten Schüssen aus kurzer Distanz traf er den Erzherzog in die Halsvene, seine Gattin in den Bauch. Beide erlagen bald darauf ihren Verletzungen.

Es war vermeidbar

Der Anschlag konnte nur gelingen, weil sich die Verantwortlichen eine ganze Reihe von Nachlässigkeiten leisteten. So fuhr das Erzherzogspaar im offenen Wagen durch die Stadt, es gab keine Kontrollen und Absperrungen, sondern nur ein paar der Route entlang postierte Polizisten. Ausserdem hatte Franz Ferdinand selbst es abgelehnt, dass an der Strasse die bei hohen Besuchen übliche Doppelreihe von Soldaten aufgestellt wurde. So sollten sich sich die Serben in der Stadt nicht provoziert fühlen. Schliesslich hatte sogar der serbische Botschafter in Wien den österreichischen Finanzminister Leon Bilinski darauf aufmerksam gemacht, dass möglicherweise ein Anschlag geplant war, doch dieser ignorierte die Warnung.

Kriegsausbruch

Da die Hintermänner des Mordes in Belgrad sassen, stellte Wien der serbischen Regierung nun ein Ultimatum, dass so scharf formuliert war, dass diese es nur ablehnen konnte. Am 28. Juli erfolgte die österreichische Kriegserklärung an Serbien. Aufgrund der Bündniskonstellationen entwickelte sich aus diesem Konflikt der Erste Weltkrieg.

Es hätte ihn vielleicht auch ohne die Schüsse von Sarajevo gegeben, doch sicher ist das nicht. Es ist nicht auszuschliessen, dass 15 Millionen Menschen aufgrund einer Kette von Versäumnissen starben.