„Da haben wir angefangen, zu filmen“

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Ein Video eines Einsatzes lässt einen Polizisten in schlechtem Licht dastehen. Die Polizei spricht von fehlender Kooperation. Die jungen Leute sehen das anders.

Innerhalb eines einzigen Tages wurde ein Video eines Polizeieinsatzes im Internet über 130.000 Mal gesehen. Für Luxemburg rekordverdächtig. Ab den ersten Sekunden ist zu sehen, wie der Polizist ein Kissen auf einen der Jugendlichen wirft und ihm zuruft: „Wie sprichst du mit mir, du Kallef? Hast du keinen Respekt vor Autoritäten?“

Die Diskussion geht weiter. Der junge Mann erklärt dem Polizisten auf die Anschuldigung hin, er habe Drogen dabei, dass bei ihm nichts zu finden sei. Der Polizist antwortet sichtlich gereizt: „Glaubt ihr, wir haben nichts Besseres zu tun?“ Die Jugendlichen entschuldigen sich und erklären, sie hätten mit den Nachbarn, die die Polizei gerufen haben, gesprochen. Das Streitgespräch zieht sich zwei Minuten lang hin.

„Erhöhtes Konfliktpotenzial“

Die Pressestelle der Polizei erklärte, es habe sich um einen Einsatz in Steinfort gehandelt. Die Beamten seien um 23.40 Uhr wegen Lärm in ein Nachbarhaus gerufen worden. Vorgefunden hätten sie sechs junge Leute, die Alkohol getrunken haben. Einige unter ihnen seien minderjährig gewesen.

„Wie auf dem Video zu sehen ist, war die Person nicht besonders kooperativ“, so ein Pressesprecher der Polizei. Des Weiteren habe es sich um einen Nachteinsatz gehandelt, und hier gehe man von einem „erhöhten Konfliktpotenzial“ aus. Die Pressestelle wies darauf hin, dass auf dem Video nicht zu sehen sei, was vor und nach dem Streit vorgefallen sei.

„Da haben wir angefangen, zu filmen“

Die jungen Leute, die auf dem Video zu sehen sind, haben den Abend allerdings ganz anders erlebt. Das Tageblatt hat sich mit einem von ihnen unterhalten. Er erklärt, wie es dazu kam, dass überhaupt gefilmt wurde: „Wir saßen auf der Terrasse, als der Nachbar uns zugerufen hat, wir wären zu laut. Also sind wir hineingegangen und haben die Fenster geschlossen. Zwei Minuten später stand die Polizei vor der Tür. Der Nachbar muss sie schon vorher gerufen haben.“

Der Hausherr wollte die Diskussion mit den Beamten eigentlich vor der Tür führen. Die Polizisten wollten eintreten. Als ihnen dies verweigert wurde, sollen sie laut Aussagen der Anwesenden die jungen Leute zur Seite geschoben haben und einfach in die Wohnung gegangen sein. „Da haben wir angefangen, zu filmen“, so die Aussage. „Soweit wir wissen, dürfen die das ja nicht.“

Kurz bevor das Video anfängt, soll der Beamte einen jungen Mann – denjenigen, der später mit dem Kissen beworfen wurde – gefragt haben, ob die Glasfaserfilter für Drogen benutzt wurden. Der junge Mann habe verneint. „Die sind ja nur zum Zigarettendrehen.“ Das sei die einzige Szene kurz vor dem Video gewesen. Nach Beenden des Films seien die Personalien aufgenommen worden. Die Beamten sollen gesagt haben, dass „wir ja sowieso nichts auf die Reihe kriegen und keine Ausbildung haben“, erzählt der Beteiligte.

„Unprofessionell“

Im Netz sorgte das Video für reichlich Diskussionen. Die Meinungen waren sehr gespalten. Einige User nahmen die Polizisten in Schutz, andere wiederum die Jugendlichen. Das Verhalten der Polizisten sei inakzeptabel, erklärte ein User. Ein anderer stufte die Vorgehensweise als „unprofessionell“ ein.

Andere fanden die ganze Diskussion eher belustigend. Die Seite „Memes-Ducals“, die Bilder aus der politischen und gesellschaftlichen luxemburgischen Aktualität ins Internet stellt, sprach sogar vom „PillowLeak“.

Auf politischer Ebene gab es dagegen wenige Reaktionen. DP-Generalsekretär Marc Ruppert erklärte allerdings über den Kurznachrichtendienst Twitter, die Frage der Autoritätspersonen und des Umgangs untereinander sei eine Diskussion, die „auf allen Ebenen“ geführt werden müsse.

„Keine Zeit für ein Statement“

Die Polemik kommt zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt für die Polizei. Eine Reform ist in den Startlöchern und soll in nächster Zeit im Parlament ausdiskutiert werden. Auch ein Aufpolieren des Images steht auf dem Programm. Alleine für die Aufwertung des Logos, der Internetseite und anderer grafischer Komponenten sind eine Million Euro vorgesehen.

Es gehe darum, eine „positive Wahrnehmung der Polizei“ zu schaffen, so Polizeiminister Etienne Schneider vor ein paar Wochen in einer Antwort auf eine parlamentarische Frage. Ein Statement wollte Schneider am Donnerstag nicht geben. Das Ministerium ließ auf Anfrage des Tageblatt verkünden, dass er keine Zeit habe. „Wir sind schon in Verspätung mit unserem heutigen Programm“, so ein Sprecher.