Copilot kannte Absturzgegend gut

Copilot kannte Absturzgegend gut
(AFP/Jeff Pachoud)

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Die Ermittlungen um den Absturz der Germanwings-Maschine in Südfrankreich bekommen möglicherweise eine neue Wendung: Der verdächtige Copilot kannte die Region wohl von früher.

Der Copilot der abgestürzten Germanwings-Maschine soll die Unglücksregion in den Alpen seit seiner Jugendzeit gut gekannt haben. Am Absturzort des Germanwings-Flugzeugs in den französischen Alpen setzten Bergungskräfte am Samstag ihre Arbeit fort. Die Lufthansa sicherte den Hinterbliebenen finanzielle Soforthilfe zu.

Ortskenntnis: Die Eltern des Germanwings-Copiloten kamen zwischen 1996 und 2003 mit ihrem Segelflugclub aus Montabaur zum Fliegen in französischen Alpen, wie Francis Kefer vom Flugfeld in Sisteron am Samstag dem französische Sender iTele sagte. Die Eltern seien mit ihrem Sohn gekommen, der damals Heranwachsender war. Sisteron liegt gut 40 Kilometer westlich der Absturzstelle. Er selbst habe die Familie dort nie getroffen, doch deren Aufenthalte seien im Club allgemein bekannt, sagte Kefer der Deutschen Presse-Agentur.

Der Flugverein von Seyne-les-Alpes, noch näher am Katastrophenort gelegen, hat indes keine Hinweise auf einen früheren Aufenthalt der Familie des Copiloten. „Wir haben dazu nichts gefunden“, sagte ein Verantwortlicher, der namentlich ungenannt bleiben wollte, der dpa.

„Unfassbarer Verlust“

Trauerandacht: In der Kathedrale der Gemeinde Digne-les-Bains brannten am Samstag 150 Kerzen zur Erinnerung an die Toten. In dem voll besetzten romanischen Bau versammelten sich mehrere Hundert Menschen zur Andacht. Digne-les-Bains liegt nur wenige Kilometer von der Stelle entfernt, wo der Germanwings-Airbus am Dienstag abgestürzt war.

Beileid: Mit ganzseitigen Anzeigen in großen deutschen Tageszeitungen bekundeten die Lufthansa und ihre Tochter Germanwings den Hinterbliebenen der Absturzopfer ihre Anteilnahme. „Der unfassbare Verlust von 150 Menschenleben erfüllt uns mit tiefster Trauer. Unser aufrichtiges Beileid, unsere Gedanken und Gebete gelten allen Angehörigen und Freunden unserer Gäste und Kollegen“, hieß es in der am Samstag erschienenen Anzeige. Auch Angehörige der Passagiere des verschwundenen Malaysia-Airlines-Fluges MH370 bekundeten ihr Beileid. „Wir geben ihnen unsere Unterstützung in diesen herzzerreißenden Zeiten“, erklärten sie auf Facebook.

Trauerfeier und Bergung

Trauerfeier: Im Kölner Dom soll am 17. April mit einem Gottesdienst und einem staatlichen Trauerakt der Opfer des Flugzeugabsturzes vom vergangenen Dienstag gedacht werden. Erwartet werden dazu neben dem deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel auch Vertreter aus Frankreich, Spanien und anderen Ländern, aus denen die Opfer der Flugkatastrophe stammten.

Suche: Die Bergungskräfte suchen am fünften Tag in Folge nach den sterblichen Überresten der Absturzopfer und nach dem zweiten Flugschreiber. Er soll weitere Erkenntnisse zum Geschehen im Cockpit vor dem Absturz liefern. Das französische Fernsehen zeigte, wie Hubschrauber erneut in den Einsatz flogen. Rechtsmediziner arbeiten an der Identifizierung der sterblichen Überreste, die schon ins Tal gebracht wurden.

Willentliche Tötung

Stimmenrekorder: Aus den Aufnahmen des schon gefundenen Stimmenrekorders schließen die französischen Ermittler, dass der Copilot von Flug 4U 9525 den Piloten aus dem Cockpit ausgesperrt und die Maschine mit 150 Menschen an Bord mit voller Absicht auf Todeskurs gebracht hat. Am Freitag wurde bekannt, dass der Copilot des abgestürzten Airbus nach Erkenntnissen der Ermittler vor seinem Arbeitgeber Germanwings eine Krankschreibung verheimlicht hat. Der Fluggesellschaft lag nach eigenen Angaben keine Krankschreibung des Copiloten vor.

Motivsuche: Fahnder entdeckten bei dem 27 Jahre alten Copiloten zu Hause „zerrissene, aktuelle und auch den Tattag umfassende Krankschreibungen“, wie die Staatsanwaltschaft Düsseldorf am Freitag mitteilte. Ein Abschiedsbrief oder ein Bekennerschreiben wurden nicht gefunden. Ermittler hatten am Donnerstag zwei Wohnungen des Mannes durchsucht, der seit 2013 als Copilot für Germanwings flog. Über die Art der Erkrankung wurde nichts mitgeteilt. Die Ermittler hatten nach Hinweisen auf ein psychisches Leiden gesucht.

Finanzielle Soforthilfe

Soforthilfe: Eine Lufthansa-Sprecherin bestätigte am Freitagabend einen „Tagesspiegel“-Bericht, wonach der Konzern den Angehörigen der Opfer eine Soforthilfe zahlen will. „Lufthansa zahlt bis zu 50 000 Euro pro Passagier zur Deckung unmittelbarer Ausgaben“, zitierte die Zeitung einen Germanwings-Sprecher. In der Nähe der Absturzstelle in Frankreich eröffnet Germanwings am Samstag ein Betreuungszentrum für Angehörige.

Konsequenzen: Auch bei der Luxair gibt es Überlegungen die Zwei-Personen-Regel einzuführen. „Im April wollen wir dazu eine Entscheidung treffen,“ so Luxair-Sprecher Jean Lasar am Freitag gegenüber Tageblatt.lu. Entschieden sei zu dem Thema noch nichts, da es noch zahlreiche offene Fragen gebe. Unter anderem hängt dies von den unterschiedlichen Flugzeugtypen ab. Gerade die kleinen Maschinen, wie sie die Luxair betreibt, verfügt über andere Türen, wie ein Airbus-Flugzeug.

Die deutschen und andere europäische Fluggesellschaften zogen schnell Konsequenzen aus dem Absturz und verschärften mit sofortiger Wirkung ihre Regeln für die Besetzung im Cockpit. Kein Pilot darf sich bis auf weiteres mehr allein dort aufhalten. Weltweit reagierten auch viele andere Airlines.