Bus blockiert – per Twitter informiert

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Pendler sollen die Verspätungen von Bussen bequem per Twitter erhalten - doch die VDL spielt bei diesem Projekt eines jungen Programmierers nicht mit.

Ein Spaghettimonster als Linienplan, weniger Busverbindungen und eine Schnitzeljagd zu den neuen Hamilius-Haltestellen – die Ville de Luxemburg hat sich in letzter Zeit nicht viele Freunde unter den Nutzern des Öffentlichen Transports gemacht. Ein junger Programmierer will mit einem neuen Service, der übersichtlich und in Echtzeit über die Verspätungen der Busse informiert nun Abhilfe leisten. Doch die VDL zeigt sich bisher nicht sonderlich begeistert von nützlichen Diensten, die auf Open Data basieren.

Als Thierry Degeling vergangenes Jahr für einige Monate beruflich in London zu tun hatte, bewältigte er fast alle Strecken in den Waggons der „Transport for London“ (TfL). In einer „Tube“-Station stieß er auf ein Werbeplakat des TfL mit dem Solgan „Travel alerts on Twitter (OMG!) Our improvements are on track“. Das staatliche Transportunternehmen schickt seinen Kunden über den Twitteraccount @TflTravelAlerts Echtzeit-Informationen zu Verspätungen auf seinen Linien, weist auf ausgefallene Aufzüge hin und warnt vor klemmenden Rolltreppen.

Travel Alerts für die CFL

„Als ich sah, was @TfLTravelAlerts twittert, wusste ich gleich, dass es nicht allzu schwierig sein kann, diesen Service für Luxemburg einzurichten“, erklärt Thierry. Nachdem er herausgefunden hatte, woher die Smartphone-App der CFL ihre Informationen bezieht, schrieb er ein Programm, das alle paar Minuten auf den Servern der CFL nachsieht, ob es Updates zu den Zugverbindungen gibt. Ist dies der Fall, dann wird die Problemmeldung automatisch in Textstücke von 140 Zeichen umgewandelt und auf @TravelalertsLU (Link) gepostet. Der Account wird mittlerweile von rund 220 Leuten gefolgt.

Sein Ziel hat der Programmierer mit diesem Projekt jedoch nicht erreichen können. Er hatte nämlich gehofft, die CFL würde den großen Nutzen eines solchen Social-Media-Dienstes erkennen und das Projekt übernehmen, um automatisch Verspätungen zu kommunizieren und diese per Hand um weitere, kundenrelevante Informationen zu ergänzen. Es kam sogar zu einem Treffen mit den Verantwortlichen, die jedoch kein Interesse an Travelalerts.lu zeigten. „Eigentlich schade“, meint Thierry, „denn es hätte ein guter Social-Media-Service sein können, der von einem staatlichen Unternehmen verwaltet wird, das eh mit Echtzeitinformation arbeiten muss.“

Busverspätungen auf einen Blick

Das war für Thierry Degeling aber kein Grund, aufzugeben. Am 23. Februar dieses Jahres fragte er bei der Ville de Luxembourg an, ob man ihm den Zugang zu einer Programmierschnittstelle (API) gewähren könnte, die ihm ermöglicht, Informationen über die Busse in Echtzeit abzurufen. Er betonte in diesem Zusammenhang, dass er die Echtzeitinformation dazu nutzen möchte, um die Verspätungen der Busse in einem Twitter-Account zugänglich zu machen – ganz wie bei Travelalerts.lu für die Züge der CFL.

Dass die VDL diese Echtzeitinformation irgendwo sammelt und abrufbereit hat, erklärt sich von selbst, denn Zeitanzeigen auf Bildschirmen an Haltestellen können nur auf diese Weise gewährleistet werden. Zudem hat Mobiliteit.lu offensichtlich auch Zugriff auf diese Datenbank. Dann begann das große Warten. Gestandene drei Monate lang.

Eine weitere Nachfrage per Twitter ist nötig, ehe man ihm per Mail folgende Antwort zuschickt:

„D’Busser vun der VDL sin alleguer mat engem ITCS System ausgerüst.
Clients’en kënnen sech iwwert d’Applicatioun vun der VDL unkucken weini een Bus beim gewënschten Arrêt ass.
D’Idée fir een een Tweet bei Verspéidungen eraus ze schëcken ass net nei, an et gin Démarches’en fir esou een Service anzeféieren, an mir waarden dei éischt Evaluatioun vum internen Informatik Service oof. Doriwwer eraus muss décidéiert gin weini Informatiouns’en eraus geschëckt gin, waat fir eng, an wei daat coordinéiert gëtt.
No Rëcksprooch mat dem Service Inforamtique, muss ech Iech leider soen datt mir Iech keng API kënnen zou Verfügung stellen.
Ech soen Iech Merci fir Äert Verständnis.“

„Das heißt also, dass es keine Zusammenarbeit zwischen mir und der Ville de Luxembourg geben wird“ – dabei ist sich Thierry sicher, dass er den Service mit Unterstützung der VDL innerhalb einer einzigen Woche ins Leben rufen könnte, sofern er jeden Tag nach Feierabend daran arbeitet.

Von wegen „Open Data“

Der Programmierer ist enttäuscht über diese Reaktion, vor allem angesichts der Versprechen, die die Regierung sogar per Twitter in Bezug auf Open Data gibt:

Im Übrigen hat auch die EU eine Direktive für Open Data lanciert, die besagt, dass ab dem 18. Juli 2015 alle Mitgliedsstaaten ihre Gesetze, Vorschriften und administrativen Maßnahmen so verabschieden und publizieren sollen, dass man die Daten problemlos auslesen kann (Link). Und Services wie der, den Thierry auf Twitter für die städtischen Busse einrichten will, wären mit einer konformen Plattform überhaupt kein Problem.

Da Thierry das Warten satt hat, plant er sein Projekt nun mit einer anderen Software-Lösung umzusetzen. Da alle Text-Informationen auf der VDL-Webseite einer „Attribution-ShareAlike 3.0“-Lizenz unterstehen, kann er diese legal von einem Computer auslesen lassen und teilen, sofern er die Quelle angibt. Dafür werden dann zwar die Feierabende von rund zwei Wochen draufgehen, aber viele genervte Buspendler werden es ihm danken. Als Verfechter der Idee von frei zugänglicher Information wird er zudem eine API für andere Entwickler zur Verfügung stellen.

Mehr zu Thierry Degelings Projekt: Link