Bulgari will die nächtliche Schließung

Bulgari will die nächtliche Schließung
(Annette Reuther)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Auf der Spanischen Treppe in Rom genießen viele Touristen gern das römische Leben. Ein Luxus-Konzern will die Leute nun nachts von den Stufen fernhalten.

Eine laue Nacht genießen, ein Eis schlecken und das römische Leben an sich vorbeiziehen lassen: So stellen sich wohl Millionen Touristen die Spanische Treppe in Rom vor. Doch die Stufen waren lange verdreckt, und auf Roms berühmtester Treppe herrschte Touristennepp statt „Dolce Vita“.

Am Mittwoch wird eines der Top-Wahrzeichen der Stadt nach monatelanger Restaurierung wiedereröffnet – begleitet von der Forderung, die Treppe nachts zu schließen, damit Vandalen das Bauwerk nicht gleich wieder verunstalten.

Bulgari-Konzern kam für Renovierung auf

Die Forderung hatte der Luxusgüterkonzern Bulgari gestellt und damit eine Debatte entfacht. Vordergründig geht es um Dreck, den mehr oder weniger betrunkene Touristen und Einheimische auf dem Bauwerk des Architekten Francesco De Sanctis aus dem 19. Jahrhundert zurücklassen.

Mit Vandalismus hat man hier in der Tat schon Erfahrung gemacht: Den Brunnen Fontana della Barcaccia von Pietro Bernini, der vor der Freitreppe steht, hatten niederländische Hooligans vor eineinhalb Jahren schwer beschädigt.

„Kloake unter freiem Himmel“

Hinter der Debatte steckt ein größerer Konflikt: In die Renovierung der Treppe hat Bulgari 1,5 Millionen Euro gesteckt – just das Unternehmen eben, das Besucher nun nachts fernhalten will.

„Die Treppe ist ein wertvolles und fragiles Denkmal wie viele andere in Rom und Italien“, sagt Paolo Bulgari, Chef des Unternehmens, laut der Zeitung „La Repubblica“. „Man kann nicht zulassen, dass sie, wenn sie sauber ist, wieder eine Kloake unter freiem Himmel wird. Man kann sie nicht in den Händen von Barbaren lassen, die dort essen, trinken und Dreck machen.“

Denkmal mit „historischer Funktion“

An dieser Meinung scheiden sich die Geister. „Ich finde eine Schließung nicht gut, weder als Römerin noch als Weltbürgerin“, sagt Eliana Billi, Kunsthistorikerin von der Universität Sapienza in Rom. Die Treppe sei ein Denkmal mit „historischer Funktion“, nämlich die Piazza di Spagna mit der Kirche Trinità dei Monti zu verbinden. „Jedes Mal, wenn man ein Monument schließt, um es zu schützen, gibt man ein Stück seiner Natur als öffentliches Kulturgut preis.“

Und letztlich besteht die Sorge, dass private Sponsoren, die für die Restaurierung gezahlt haben, ein zu großes Mitspracherecht bekommen. Schließlich ist das in Italien mittlerweile gang und gäbe, ohne die Beteiligung von Privatunternehmen würden viele Bauwerke nicht wieder im alten Glanz erstrahlen.

Viele Unternehmen geben Geld für Sanierungen

Für die Renovierung des Trevi-Brunnens in Rom kam der Modekonzern Fendi mit 2,2 Millionen Euro auf. Im Gegenzug bekam das Unternehmen eine riesige Werbefläche an einem der meistbesuchten Plätze der Stadt. Zudem durfte Fendi eine Modeschau organisieren, bei der die Models auf transparenten Laufstegen über das Wasser wandelten.

Für die Restaurierung des Kolosseums bezahlte der Schuhkonzern Tod’s 25 Millionen Euro – eine Summe, die auch mit den Eintrittsgeldern von Italiens beliebtester Attraktion schwer zu stemmen wäre. Und in Venedig wurde die Rialtobrücke mit Geld des Unternehmers Renzo Rosso (Diesel) renoviert.

Italien hat weltweit die meisten Unesco-Kulturerbestätten. Hat der Staat nicht genug Geld oder nicht genug Willen, um sich um das kulturelle Erbe des Landes zu kümmern? Orte wie zum Beispiel die Ausgrabungsstätten in Pompeji zerbröseln.

Verteilung der Ressourcen ist nicht optimal.

„Die Restaurierung ist sicher sehr teuer für den Staat, und oft macht man in Italien die Restaurierungen mit weniger Geld als notwendig“, sagt Kunsthistorikerin Billi. Die Verteilung der Ressourcen sei nicht optimal. Geld von Privatunternehmen helfe, Kulturschätze zu bewahren. Ein Nachteil des privaten Sponsorings sei, dass sich die Geldgeber vor allem berühmte Bauten heraussuchten, um ihre Werbung möglichst sichtbar zu machen. Nicht so bekannte Kunstschätze interessierten dagegen weniger.

Zumindest Schlagzeilen hatte Bulgari in den vergangenen Tagen sicher. Dass die Idee mit einer vergitterten Spanischen Treppe wirklich durchkommt, ist so gut wie unmöglich. Sowohl der Kulturstadtrat als auch der Vorsitzende der Denkmalschutzbehörde Roms haben ihr Veto gegen „absurde Gitter“ eingelegt. Viele Touristen freut das.