Buchenwald: Vor 70 Jahren die Befreiung

Buchenwald: Vor 70 Jahren  die Befreiung
(dpa)

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In einer ergreifenden Zeremonie gedenken einstige KZ-Häftlinge dem Ende ihres Martyriums im Lager Buchenwald vor 70 Jahren. Doch die Gegenwart macht ihnen Sorgen.

Siebzig Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar haben ehemalige Häftlinge zum Widerstand gegen eine neue Welle von Rassismus in Europa aufgerufen. Bertrand Herz, Präsident der Häftlingsorganisation Internationales Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos, appellierte am Sonntag in Weimar vor allem an die Jugend, auch heute den Gefahren für die Demokratie entgegenzutreten. In Weimar gedachten Zeitzeugen, Bürger und Politiker der Befreiung des Lagers am 11. April 1945. Das Buchenwald-Gedenken war Auftakt zu weiteren Veranstaltungen in anderen ehemaligen Konzentrationslagern.

Zu den Feierlichkeiten waren rund 80 Buchenwald-Überlebende aus aller Welt und drei an der Lagerbefreiung beteiligte US-Veteranen nach Weimar gekommen. Einige der hochbetagten Gäste trugen bei der ergreifenden Zeremonie alte Häftlingsuniformen. Manche wagten zum erstem Mal überhaupt den Weg zurück an den Ort ihres unfassbaren Leidens. Insgesamt etwa 250 000 Männer, Frauen und Kinder, darunter auch Luxemburger, hatte das NS-Regime bis zum 11. April 1945 auf dem Ettersberg bei Weimar und seinen 136 Außenlagern gefangen gehalten. Rund 56 000 von ihnen starben an Hunger, Kälte und Krankheiten oder wurden ermordet.

Martine Schulz: „Dämonen, die wir für überwunden hielten

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz verurteilte am Sonntag in einer Gedenkveranstaltung im Weimarer Deutschen Nationaltheater Antisemitismus, Rassismus, Ultranationalismus und Intoleranz. Das seien „Dämonen, die wir in Europa für überwunden hielten und die doch immer wieder ihre hässliche Fratze erheben“. Der Politiker forderte, jenen energisch entgegenzutreten, die heute Ressentiments und Hass schüren. „Wir dürfen die Agitatoren und Brandstifter nicht im Glauben lassen, eine schweigende Mehrheit stehe hinter ihnen.“

Schulz erinnerte an den Schwur, mit dem die Überlebenden gelobt hatten, den Nazismus mit seinen Wurzeln zu auszurotten. Dies müsse „heute und für alle Zeiten“ ethische Richtschnur sein. Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) forderte stärkere Anstrengungen im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Es gelte, die Stimme zu erheben, „wenn die Brandstifter von heute dem Geist der Mordbrenner von damals folgen und geplante Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbewerber in Brand stecken“.

Am Samstag hatten die Überlebenden des KZ um 15.15 Uhr – dem Zeitpunkt der Befreiung vor 70 Jahren – ihrer toten Kameraden gedacht. Auf dem ehemaligen Appellplatz hinter dem Tor mit der zynischen Aufschrift „Jedem das Seine“ legten die Überlebenden weiße Rosen und rote Nelken nieder.

In Buchenwald waren Menschen aus allen europäischen Ländern inhaftiert. Am Vormittag des 11. April 1945 hatten US-Soldaten den Ettersberg bei Weimar erreicht und sich Gefechte mit SS-Wachmannschaften geliefert. Diese flohen. Gegen 15.00 Uhr übernahmen bewaffnete Widerstandsgruppen aus den Reihen politischer Häftlinge die Kontrolle über das Lager und gingen ihren Befreiern entgegen. Im Lager waren noch etwa 21 000 Menschen, darunter 904 Kinder und Jugendliche.

Buchenwald war Anfang 1945 mit 110 000 Häftlingen das größte Konzentrationslager auf deutschem Boden. Im April 1945 wurden unter anderem auch die Lager Bergen-Belsen, Ravensbrück und Dachau befreit.