Bin „hochbesorgt“ über Lage in Griechenland

Bin „hochbesorgt“ über Lage in Griechenland
(AP)

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EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich beunruhigt über die Situation um Griechenland geäußert. Er sei "hochbesorgt" über die Lage in dem Land. Ein mögliches drittes Hilfspaket sorgt für Verwirrung in der Eurozone.

Verwirrung um angebliche Gespräche über weitere Hilfen für Griechenland im Umfang von bis zu 50 Milliarden Euro: Der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos sagte am Montag in Pamplona, in der Euro-Zone werde derzeit über ein solches drittes Hilfsprogramm gesprochen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wies dies aber prompt zurück: „Es gibt keine Gespräche darüber“, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters in Berlin. Er sei „hochbesorgt“ über die Lage in dem Land und auch um das Land herum, sagte Juncker am Montagabend in Berlin. „Ich war der Meinung, dass man den Griechen eine reelle Chance einräumen müsste. Das haben wir getan“, fügte er mit Blick auf die Entscheidung hinzu, das Hellas-Hilfsprogramm zu verlängern.

Juncker kritisierte zudem manche Darstellungen in deutschen Medien gegen Griechenland – er sprach hier von Beschimpfungen und Schmähungen. Da werde ein Bild von den Griechen gezeichnet, das nicht stimme. „Die Griechen sind nicht Faulenzer“, sagte er und verlangte Respekt für die Lebensleistung vieler Griechen. Andererseits sei es aber „auch nicht hinnehmbar“, wenn Kanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in der griechischen Presse in Nazi-Uniformen dargestellt würden. „Das ist strikt unakzeptabel.“

Rasche Hilfe für Athen

Eine Sprecherin von Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem äußerte sich entsprechend. Das zweite Programm endet im Juni. Was danach kommt, ist offen. Viele Experten gehen davon aus, dass das Land weitere Hilfen benötigen wird. Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat aber wiederholt gesagt, ein drittes Paket werde es nicht geben, weil die Bürger diese Programme mit ihren verheerenden Auflagen abgewählt hätten.

Dijsselbloem bot Griechenland am Montag neue Hilfen schon für März zur Überbrückung kurzfristiger Engpässe an. Bedingung sei aber die Umsetzung vereinbarter Reformen. Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis lehnt aber neue Darlehen zu den bisherigen Konditionen ab. De Guindos sagte, ein drittes Programm könnte Griechenland flexiblere Konditionen bieten. Derzeit werde in der Euro-Zone über ein solches Paket im Volumen von 30 bis 50 Milliarden Euro gesprochen. Für Athen gebe es zur Solidarität seiner Partner in Europa derzeit keine Alternative. Griechenland ist seit 2010 vom Kapitalmarkt angeschnitten und wird seitdem von seinen Euro-Partnern und vom IWF mit 240 Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt.

Die Euro-Zone hat das zweite Programm gerade erst bis Ende Juni verlängert. Nur wenn Griechenland bis dahin einen mit den Gläubigern abgestimmten Reformplan umsetzt, hat es Anspruch auf weiteres Geld. Insgesamt geht es um 7,2 Milliarden Euro.
Varoufakis sagte im „Handelsblatt“, an den 7,2 Milliarden sei er nicht interessiert, „wenn der Preis dafür eine Fortsetzung des bisherigen Rezepts ist, das die Schulden- und Deflationsspirale erzeugt hat“. Neue Kredite zu alten Konditionen machten keinen Sinn, wenn man schon die alten nicht zurückzahlen könne. Zu kurzfristigen Engpässen sagte er, seine Regierung hoffe, in den nächsten zwei Wochen zu einer Lösung zu kommen, um diese Schwierigkeiten zu überwinden. Ohne einen neuen Wachstumspakt sei es aber nicht möglich, Zahlungen von fast 11,5 Milliarden Euro im Sommer zu leisten. Auf die Frage nach einem dritten Hilfspaket erklärte Varoufakis: „Wir wollen nicht mehr Geld.“ Das Land brauche eine von Investitionen getragene Erholung seiner Wirtschaft: „Die neue Vereinbarung, die wir bis Ende Juni aushandeln wollen, muss ein Wachstumspakt sein, der sich auf Investitionen des Privatsektors gründet.“

Schnell mit Reformen starten

Varoufakis hatte zuvor schon die Rückzahlung von Anleihen von 6,7 Milliarden Euro infrage gestellt. Diese werden von der Europäischen Zentralbank (EZB) gehalten und im Sommer fällig. „Wenn wir das Geld hätten, würden wir bezahlen“, sagte er: „Sie wissen, dass wir es nicht haben.“

Dijsselbloem sagte der „Financial Times“, Griechenland sollte das Programm starten, bevor die gesamten Verhandlungen beendet seien. Es gebe Elemente, mit denen schon begonnen werden könne. Wenn Griechenland das mache, könne es im März eine erste Überweisung geben. „Das aber würde Fortschritt erfordern und nicht bloß Absichten.“ Um eine erste Teiltranche zu erhalten, müsste sich die Regierung wohl mit den Gläubigern auf vordringliche Reformen („prior actions“) einigen und auch umsetzen. Ob das schnell gelingen könnte, ist fraglich.

Der Schuldenstreit entwickelt sich zunehmend auch zu einem diplomatischen Hickhack. Tsipras hatte den konservativen Regierungen in Spanien und Portugal vorgeworfen, an der Spitze einer Verschwörung zum Sturz seiner Linksregierung zu stehen – aus Angst vor Spargegnern im eigenen Land. Die EU-Kommission bestätigte, dass sich Madrid und Lissabon über Tsipras beschwert und eine Reaktion der EU gefordert hätten.