Behinderung der Justiz

Behinderung der Justiz
(Jean-Claude Ernst)

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Vor Gericht musste sich gestern eine 52-jährige Frau verantworten. Ihr wird in erster Linie Behinderung der Justiz vorgeworfen. Die Frau soll einem minderjährigen Mädchen geholfen haben, aus dem „Centre socio-éducatif“ in Schrassig auszureißen. Der Frau droht eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren.

Am 16. Juli 2013 wurde ein damals 17-jähriges Mädchen zum „Centre socio-éducatif“ in Schrassig gebracht. Kurze Zeit später sei das Mädchen aber wieder weg gewesen. Die Angeklagte habe ihr bei der Flucht geholfen. Außerdem habe sie dem Mädchen sein Handy zurückerstattet. In diesem Zentrum ist es den Jugendlichen verboten, ein Mobiltelefon zu besitzen.
Zu Beginn der Sitzung betonte die Angeklagte: „Ich bin unschuldig auf der ganzen Linie.“ Anschließend erklärte der Ermittler, warum das Mädchen damals nach Schrassig gekommen war. „Im Laufe des Jahres 2013 kam es in Esch zu mehreren Diebstählen mit Gewalt. Wir hatten schnell herausgefunden, dass das Mädchen daran beteiligt war. Der Jugendrichter hatte damals entschieden, das Mädchen ins ‚Centre socio-éducatif‘ in Schrassig zu bringen. Weil es aber erst im Dezember 2012 aus dem gleichen Zentrum ausriss, wurde entschieden, das Mädchen für 48 Stunden in eine Zelle einzusperren. Dies sind die Regeln in diesem Zentrum. Jedoch erlitt es drei Stunden später einen Asthmaanfall und wurde wieder freigelassen“, betonte der zuständige Ermittler. Erst dann habe das Mädchen die Angeklagte um Hilfe gebeten.

Weitere Diebstähle

Laut dem Ermittler, hätten die Polizeibeamten damals die Erzieherinnen eindeutig darüber informiert, dass sie in keinem Fall das Mobiltelefon an die Jugendliche zurückgeben dürften, denn es würden noch Ermittlungen zu den zahlreichen Diebstählen ausstehen. Bei der Polizei hatte die Beschuldigte angegeben, dass sie sich nicht erklären könne, wie das Mädchen wieder weglaufen konnte. Sie sei nicht an dessen Flucht beteiligt gewesen. Laut dem Ermittler habe die Frau erklärt, dass das Mädchen sich zur Hintertür hinausgeschlichen habe. Auch würde, so der Ermittler, ein Brief von einzelnen Erzieherinnen vorliegen, in dem steht, dass die Angeklagte mehrere Male die Regeln des Zentrums nicht befolgt habe.

„Sie hat mir geholfen“

Eine Zeugin, die ebenfalls als Erzieherin in dem „Centre socio-éducatif“ arbeitet, erklärte im Zeugenstand, dass sie nicht genau mitbekommen habe, wie es zur Flucht des Mädchens gekommen sei. Sie sei nur dabei gewesen, als die Polizisten das Mädchen ins Zentrum brachten.
Die Jugendliche selbst, mittlerweile erwachsen, betonte, sie habe zur Angeklagten gesagt, sie habe keine Lust, weitere Zeit in dem Zentrum zu verbringen. „Ich habe die Erzieherin gefragt, ob ich mein Handy zurückhaben könnte. Sie gab mir mein Mobiltelefon und hat mir sogar geholfen, meine Tasche bis zur vorderen Tür zu bringen. Bei einer anderen Erzieherin wäre die Flucht nicht so einfach gewesen“, erklärte die Zeugin.
Heute wird der Prozess fortgesetzt.