Beck geht – Malu Dreyer kommt

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Paukenschlag in Rheinland-Pfalz: Kurt Beck will nach fast zwei Jahrzehnten als Regierungschef aus gesundheitlichen Gründen gehen. Sein Amt soll trotz Krankheit Sozialministerin Dreyer übernehmen.

Deutschlands dienstältester Ministerpräsident Kurt Beck tritt überraschend ab – aus gesundheitlichen Gründen. Nach 18 Jahren als Regierungschef von Rheinland-Pfalz macht der angeschlagene 63-Jährige seine Sozialministerin Malu Dreyer (beide SPD) Anfang 2013 zur Nachfolgerin an der Spitze der Regierung. Innenminister Roger Lewentz soll Chef der Landes-SPD werden. Beck war wegen der Nürburgring-Affäre zuletzt stark unter Druck geraten, hatte einen Rücktritt aber bisher abgelehnt und erst vor gut einem Monat ein Misstrauensvotum der CDU überstanden.

„Das hat damit zu tun, dass ich seit einem Krankenhausaufenthalt im letzten Winter (…) weiß, dass ich ein erhebliches Problem mit der Funktion meiner Bauchspeicheldrüse habe“, sagte Beck über den Rückzug, nachdem er seine SPD und die Fraktion informiert hatte. „Das ist recht ernst zu nehmen.“ Beck hatte bisher immer gesagt, er wolle bis 2016 die beiden Ämter behalten, falls seine Gesundheit es zulasse. „Ich kann entweder voll oder gar nicht.“ Die Entscheidung habe nichts mit der Nürburgring-Insolvenz zu tun. „Weil ich nicht dazu neige, Baustellen, deren Fertigstellung ich nicht überschauen kann, anderen zu übergeben.“

„Königin der Herzen“

Die 51-jährige Dreyer soll Anfang 2013 als erste Frau der Landesgeschichte an die Spitze der rot-grünen Regierung rücken. Sie leidet an Multipler Sklerose, einer chronisch entzündlichen Erkrankung des zentralen Nervensystems. Dreyer freut sich auf die künftige Aufgabe: „Ich sage es aus ganzem Herzen.“ Mit Blick auf ihre Krankheit sagte sie: „Ich fühle mich auch kraftvoll und ich fühle mich gesund.“ Sie werde mitunter auch im Rollstuhl unterwegs sein. Landtagspräsident Joachim Mertes sagte: „Sie ist die Königin der Herzen.“

Dreyer war bisher nicht involviert in die Nürburgring-Krise. Die größtenteils landeseigene Besitzgesellschaft der Eifel-Rennstrecke meldete im Juli Insolvenz an. Das Land musste Steuergeld in dreistelliger Millionenhöhe zuschießen, das möglicherweise für immer verloren ist. Die Insolvenz hatte dem Ansehen des Regierungschefs schwer zugesetzt.

„System Beck“

2016 steht die nächste Landtagswahl an. Viele in der SPD halten die als kompetent und warmherzig geltende Dreyer für am besten geeignet, der forschen und redegewandten CDU-Landeschefin Julia Klöckner (39) Paroli zu bieten. Der CDU reicht Becks Rückzug nicht. „Damit sind die Probleme der Landesregierung, vor allen Dingen die Probleme des Landes, die vielen ungelösten Fragen, nicht geklärt“, sagte Klöckner. Das „System Beck“ bestehe aus mehreren Personen. Bei der letzten Wahl 2011 hatte die CDU überraschend knapp gegen den Pfälzer verloren.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Daniel Köbler würdigte Becks Arbeit. „Wir haben Respekt vor dieser Lebensleistung und bedauern seinen angekündigten Rückzug.“ Vize-Ministerpräsident, Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne), nannte den Rückzug eine Zäsur. „In der Koalition war die Zusammenarbeit mit Kurt Beck geprägt von Vertrauen, Respekt und Professionalität.“

Die rheinland-pfälzische SPD wählt am 10. November den Landeschef neu – dafür ist Lewentz vorgesehen. Er sagte den Grünen zu, die SPD werde ein verlässlicher Koalitionspartner sein. Beck hatte noch im Juli gesagt, er wolle erneut als Landesvorsitzender kandidieren. Bis vor kurzem hielt er auch an seiner Aussage fest, bei guter Gesundheit bis 2016 regieren zu wollen.