Bausch: „Qualität geht beim Wachstum vor“

Bausch: „Qualität geht beim Wachstum vor“
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Die Politik zerbricht sich den Kopf über Wachstum. Ab Montag wird das Thema bei einer Diskussionrunde besprochen. François Bausch erklärt im Vorfeld seine Vorstellung.

Tageblatt: Welche Erwartungen haben Sie an die beiden Veranstaltungen nächste Woche?

François Bausch

Infos

Am Montag wird die erste Debatte um 16 Uhr im „Grand Auditoire“ der Universität Luxemburg in Esch-Belval stattfinden. Thema ist der „Qualitative Wachstum“. Hier wird auch die Vision der Regierung in punkto Landesplanung vorgestellt.

Am Donnerstag wird dann eine zweite Veranstaltung um 19 Uhr im „European Convention Center Luxembourg“ auf Kirchberg stattfinden. Hier werden Politiker über ebenjene Vision diskutieren. Es nehmen teil: François Bausch, Pierre Gramegna, Marc Hansen, Étienne Schneider, Camille Gira , Gast Gibéryen,
David Wagner und Claude Wiseler.

Nach beiden Veranstaltungen kann das Publikum Fragen stellen.

François Bausch: Erst mal möchte ich klarstellen, dass es sich bei diesen Konferenzen keineswegs um einmalige Gesprächsrunden handelt. Vielmehr sollen sie als Kick-off zu einer breiten Debatte um das Thema „Wachstum“ dienen. Ich erhoffe mir einen offenen, faktenbasierten Dialog. Dazu sollen Daten, Strukturanalysen offen dargelegt werden und anhand dieser dann einige Szenarien aufgestellt werden, wie Luxemburg sich entwickeln soll. Alle gesellschaftlich relevanten Kräfte sind anwesend. Wir können also feststellen, ob diese die gleiche Vision haben wie wir. Bisher basieren unsere Überlegungen auf den prognostizierten 1,2 Millionen Einwohnern. Dieses Szenario tritt allerdings nur ein, wenn wir die Entwicklung der letzten 50 Jahre weiterführen. Und obwohl wir eine extreme Dynamik und Bevölkerungsentwicklung haben, ist das, für mich, nicht unbedingt ein realistisches Szenario. Dennoch stellt uns die Zukunft vor ernsthafte Probleme, die gelöst werden müssen.

Können Sie uns Ihre Vision von qualitativem Wachstum in Luxemburg kurz präsentieren?

Es muss sich in unseren Überlegungen und unserem Handeln etwas ändern. In den letzten 25 Jahren haben sich die Gemeinden verändert und entwickelt, daraus resultieren landesplanerische und verkehrstechnische Probleme, auch in ländlichen Gegenden. Anhand unserer Analyse der letzten 25 Jahre stellen wir nur fest: Es muss sich etwas ändern, ein Umdenken muss stattfinden, besonders im Infrastrukturbereich, wo die momentanen Investitionen nicht einfach weitergehen können, ohne dass eine Besserung eintritt. Es gibt also mehrere Szenarien und alle haben einen gemeinsamen Nenner: Umdenken.

Jean-Claude Reding behauptete vor kurzem, Qualität gehe vor Quantität. Im Umkehrschluss sei das nicht mit Verzicht gleichzusetzen. Was bedeutet das konkret für den Bürger?

Ich teile diese Meinung von Herrn Reding, deswegen arbeiten wir eng mit Wirtschaftsminister Etienne Schneider zusammen. Nehmen wir das Beispiel der Arbeitsplätze: Ist es nicht wert, mehr über die Qualität der Arbeitsplätze zu reden als über die Quantität? In der Vergangenheit wurden in puncto Landesplanung viele Fehler gemacht, deren Nachwehen bis heute zu spüren sind. Schauen Sie sich die Industriezone in Contern an: Großbetriebe wurden hier mitten in der Pampa angesiedelt, ohne aber an eine gute Verkehrsanbindung oder an nahegelegenen Wohnraum zu denken. Hier ist ein enormes Defizit zwischen Wohnen und Arbeitsplatz entstanden. Exemplarisch für eine qualitativ schlechte Landesplanung.

Die Konferenzen sind unterteilt in eine Expertendebatte mit Vertretern der Zivilgesellschaft, am Donnerstag werden dann Politiker über mögliche Lösungsansätze diskutieren. Wäre eine gemischte Debatte mit allen Beteiligten nicht von Vorteil gewesen?

Die am Montag stattfindende Konferenz ist der Öffentlichkeit zugänglich, es haben sich zudem auch Wohnungsbauminister Marc Hansen, Innenminister Dan Kersch sowie einige Abgeordnete angemeldet, was auf eine breit geführte Debatte hoffen lässt. Auch würde ich mir wünschen, dass sich das Parlament demnächst in die Debatte mit einmischt, damit wir möglichst viel Input sammeln können. Neben diesen Veranstaltungen stand ich, zusammen mit Camille Gira, durch sieben regionale Konferenzen zu den „plans sectoriels“ in einem ständigen Austausch mit den Gemeinden. Das Resultat dieser Debatte ist also auch langfristig, im Dialog mit vielen Gesprächspartnern entstanden.

Riskiert die „table ronde politique“ nicht zu einer alltagspolitischen Debatte zu verkommen?

Ich denke, dass der gesetzte Rahmen zu einem faktenbasierten Austausch führen wird. Die Moderation werden zwei Journalisten übernehmen, die frei, jedoch im Sinne des Themenbereichs die Debatte führen werden. Egal ob man jetzt der Opposition oder der Regierung angehört: Ich verlange Respekt von beiden Seiten, Wahlkampf und Alltagspolitik sollen eine nur untergeordnete Rolle spielen. Eine kontroverse Debatte begrüße ich, solange sie sich um die vorgegebene Thematik dreht. Dazu gehören natürlich finanzpolitische Themen. Egal welcher politischen „Couleur“ man angehört: Die Politik steht hier in der Verantwortung, eine Vision abzuliefern, die die Lebensqualität über Jahre steigern und die luxemburgische Wirtschaft stärken soll. Dies ist nur durch eine sachliche und faktenbasierte Debatte möglich.