Ausnahmezustand 2.0. und verschärftes Rauchverbot

Ausnahmezustand 2.0. und verschärftes Rauchverbot
(Tageblatt/Hervé Montaigu)

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Mit großer Mehrheit stimmten am Donnerstag die Abgeordneten einer punktuellen Abänderung der Verfassung zu. Dabei geht es um die Neudefinition des „état d’urgence“. Die Regierung kann in Zukunft auch bei nationalen Krisen über begrenzte Zeit mit Notstandsreglementen agieren. Derzeit ist dies nur bei internationalen Krisen möglich.

Der neue verfassungsmäßige Rahmen für den „état d’urgence“ ist eine nationale Reaktion auf die Serie von terroristischen Attacken seit November 2015 (Charlie Hebdo) in mehreren europäischen Ländern. Es gehe um die Handlungsfähigkeit des Staats in Ausnahmesituationen, so die Redner von DP, LSAP, déi gréng und CSV.

Art. 32 (4) im Wortlaut:

„En cas de crise internationale, de menaces réelles pour les intérêts vitaux de tout ou partie de la population ou de péril imminent résultant d’atteintes graves à la sécurité publique, le Grand-Duc, après avoir constaté l’urgence résultant de l’impossibilité de la Chambre des Députés de légiférer dans les délais appropriés, peut prendre en toutes matières des mesures réglementaires.

Ces mesures peuvent déroger à des lois existantes. Elles doivent être nécessaires, adéquates et proportionnées au but poursuivi et être conformes à la Constitution et aux traités internationaux.

La prorogation de l’état de crise au-delà de dix jours ne peut être décidée que par une ou plusieurs lois votées dans les conditions de l’article 114, alinéa 2 de la Constitution, qui en fixe la durée sans que la prorogation ne puisse dépasser une durée maximale de trois mois.

Tous les règlements pris en vertu de la présente disposition cessent leurs effets au plus tard à la fin de l’état de crise. La Chambre des Députés ne peut être dissoute pendant l’état de crise.“

Heftiger Widerspruch kam von ADR und déi Lénk. Roy Reding warnte vor Machtmissbrauch der Regierung bzw. späterer Regierungen. Marc Baum sprach von einer „sekuritären Hysterie“ und einer „gefährlichen, überzogenen Reaktion auf Terroranschläge in anderen Ländern.“ Berichterstatter Alex Bodry (LSAP) hatte eingangs der Sitzung an die Eckpunkte der Reform erinnert. Neben der Ausweitung von internationalen auf nationale Krisen geht es auch darum, das Parlament in die Prozedur des „état d’urgence“ einzubinden. Wichtig sei beim Erarbeiten des Textes gewesen, zu verhindern, dass der Ausnahmezustand zwei Jahre und mehr andauern kann und einzelne Maßnahmen quasi nahtlos in die normale Gesetzgebung übergehen, betonte Alex Bodry. Er sprach von „einer fatalen Entwicklung“ in Frankreich. „Ein ‚état d’urgence‘ der kein Ende findet schadet dem Rechtsstaat“ bekräftigte Claude Adam (déi gréng).

Verschärftes Rauchverbot

Weitere Etappe im Einsatz der Regierung gegen den Tabakkonsum (Link). Künftig dürfen Zigaretten und Tabak nicht mehr an Minderjährige verkauft werden. Derzeit ist der Verkauf ab 16 Jahren erlaubt. Nach dem Rauchverbot in öffentlichen Transportmitteln folgt jetzt auch das Rauchverbot im eigenen Wagen, wenn Kinder unter 12 Jahren an Bord sind. Auch auf Spielplätzen müssen Eltern künftig auf die Zigarette verzichten. Unter die neuen Bestimmungen fallen auch die elektronische Zigarette und die Wasserpfeife (Chicha).

Einstimmiges Nein zu Gen-Mais

In einer einstimmig angenommenen Resolution appellieren die Abgeordneten an die EU-Kommission, die Zulassung von drei genmanipulierten Mais-Sorten nicht zu genehmigen. Die aktuelle Situation ist nicht neu. Bereits mehrfach kam es beim Thema Gentechnik nicht zu einer qualifizierten Mehrheit im Ministerrat und in letzter Instanz gab dann die Kommission grünes Licht. Nachdem auch das Europaparlament sich gegen eine Zulassung ausgesprochen hat, solle die EU-Kommission die Genehmigung verweigern, heißt es in der Resolution. Gesundheitsministerin Lydia Mutsch (LSAP) freute sich über die parlamentarische Unterstützung der Regierungslinie.

Kostentransparenz bei Bankkonten

Eine vom Parlament übernommene EU-Richtlinie soll für (etwas mehr) Transparenz bei den Kosten von Bankkonten sorgen. Zwar wird es in Luxemburg – anders als in einer Reihe anderen Ländern – keinen Zwang zum Angebot eines kostenlosen Basis-Konto geben, die Banken müssen der Bankenaufsicht CSSF allerdings ihre Gebühren mitteilen. Ziel ist das Erstellen einer transparenten Vergleichstabelle, die es dem Kunden ermöglicht, das für ihn günstigste Bankangebot zu finden.

Protest vor der Tür

Vor der Parlamentssitzung protestierte der OGBL gemeinsam mit „déi lénk“ gegen die Gesetzesvorlage 7049. Mit diesem Gesetz soll eine EU-Direktive in nationales Recht umgesetzt werden, bei der es um die Überwachung am Arbeitsplatz geht (Link). Bislang musste ein Arbeitnehmer hierfür vorher eine Genehmigung bei der Nationalen Datenschutzkommission beantragen. Künftig soll ein nachträgliches Kontrollsystem eingeführt werden. Hierfür liegt jedoch noch kein Gesetz vor. Die Kritiker befürchten, dass hierdurch ein juristischer Leerraum ensteht. Sie fordern den Erhalt des aktuellen Systems, was laut EU-Richtlinie durchaus möglich wäre.

Weitere Details zum Ausnahmezustand finden Sie in der Tageblatt-Ausgabe vom 2. Juni (Print und Epaper).