Zschäpe leugnet Beteiligung an NSU-Morden

Zschäpe leugnet Beteiligung an NSU-Morden
(dpa/Peter Kneffel)

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Im Münchner NSU-Prozess hat am Mittwoch die mit Spannung erwartete Erklärung der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beate Zschäpe begonnen.

In ihrer mit Spannung erwarteten Erklärung im Münchner NSU-Prozess hat die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe eine Mitwirkung an den zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen der Gruppe bestritten. Sie sei „weder an den Vorbereitungshandlungen noch an der Tatausführung“ beteiligt gewesen, ließ Zschäpe am Mittwoch über ihren Verteidiger Mathias Grasel erklären.

Zugleich wies Zschäpe den Vorwurf der Mitgliedschaft im Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zurück. Zschäpe gab in der von Grasel verlesenen Erklärung an, sie habe jeweils erst im Nachhinein von den Taten erfahren, die Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zwischen September 2000 und April 2007 begangen haben sollen. Mundlos und Böhnhardt hatten im November 2011 nach einem gescheiterten Banküberfall in Eisenach vermutlich Suizid begangen. Zschäpe ließ erklären, sie habe „sprachlos“ und „fassungslos“ auf Taten der beiden anderen Mitglieder des 1998 untergetauchten Trios reagiert.

Entschuldigung bei den Opfern

„Ich fühle mich moralisch schuldig, dass ich zehn Morde und zwei Bombenanschläge nicht verhindern konnte.“ Eine Mitgliedschaft im NSU bestritt die Hauptangeklagte des Münchner Mammutprozesses. „Es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass ich ein Gründungsmitglied einer Vereinigung namens NSU gewesen sein soll.“ Eine solche Gründung habe „nie stattgefunden“. Vielmehr sei der Name NSU alleine eine Erfindung von Mundlos gewesen, allenfalls könne noch Böhnhardt der Gruppe zugeordnet werden.

Zschäpe unternahm in ihrer Erklärung zudem den Versuch einer Entschuldigung bei den Hinterbliebenen der neun ermordeten Migranten, der ebenfalls ermordeten Heilbronner Polizistin Michèle Kiesewetter und bei den insgesamt 23 Verletzten der beiden Sprengstoffanschläge 2001 und 2004 in Köln. „Ich entschuldige mich aufrichtig bei allen Opfern der von Uwe Mundlos und Uwe Bönhardt begangenen Straftaten.“

Als Motiv für den bislang rätselhaft gebliebenen NSU-Mord an Kiesewetter nannte Zschäpe den Diebstahl der Dienstpistolen der Polizistin und ihres bei dem Mordanschlag schwer verletzten Kollegen. Bundesanwalt Herbert Diemer bezeichnete Zschäpes Einlassung am Rande des Prozesses als „ein Beweismittel unter vielen“. „Es war immer unsere Linie, vor Abschluss der Hauptverhandlung keine Gesamtbewertung vornehmen.“ Dabei bleibe es. Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die NSU-Opfer, Barbara John, wertete Zschäpes Erklärung als Geständnis. „Sie hat ein umfassendes Geständnis abgelegt, so sehe ich die Aussage“, sagte John der „Mitteldeutschen Zeitung“.

Zschäpe als „elftes Opfer“

„Sich als elftes Opfer der angeblichen Alleintäter Böhnhardt und Mundlos darzustellen, ist das einfachste, was man machen kann. Denn die beiden können nicht mehr reden. Also wird alles auf sie geschoben.“ Die Tochter des NSU-Opfers Mehmet Kubasik, Gamze Kubasik, bezeichnete Zschäpes Erklärung als „total konstruiert“ und wies die Entschuldigung der mutmaßlichen Rechtsterroristin zurück. „Die angebliche ‚Entschuldigung‘ für die Taten von Mundlos und Böhnhardt nehme ich nicht an“, erklärte Kubasik in einer von ihren Anwälten verbreiteten Stellungnahme. Grünen-Chef Cem Özdemir reagierte empört auf Zschäpes Aussage. „Was für ein Schlag ins Gesicht der Hinterbliebenen und von uns allen“, sagte er den Zeitungen der „Funke-Mediengruppe“. Zschäpes „Schmalzgeschichte“ sei „zum Erbrechen“.