Wettrüsten wie im Kalten Krieg?

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Droht zwischen der Nato und Russland ein neuer nuklearer Rüstungswettlauf? Offen will niemand darüber reden.

„Wer zuerst schießt, stirbt als zweiter“ – jahrzehntelang dominierte die Logik der Abschreckung den Umgang mit Atomwaffen. Nach den Ereignissen rund um den Ukraine-Konflikt fürchtet die Nato, dass dies künftig nicht mehr gelten könnte. Äußerungen von Kreml-Chef Wladimir Putin und aus den russischen Generalstäben werden in der Bündniszentrale in Brüssel als Zeichen gewertet, dass Russland auf dem Gefechtsfeld den Einsatz taktischer Nuklearsprengköpfe in Erwägung ziehen könnte. „Muss die Nato reagieren?“, lautet nun die Frage.

Fest steht: Ein neues Wettrüsten zwischen Russland und dem Westen hat auf konventioneller Ebene längst begonnen. Jetzt geht es darum, ob es auch wieder bei Atomwaffen angelangen könnte. Bei einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel stand am Mittwoch hinter verschlossenen Türen eine mögliche Anpassung der Nuklearstrategie des Bündnisses auf dem Programm. Kurz zuvor hatte Putin seinen Streitkräften 40 neue Interkontinentalraketen versprochen.

Sensibles Thema

Das Thema „Nuklearstrategie“ gilt als höchst sensibel. Nach dem vom Westen als völkerrechtswidrig erachteten Anschluss der ukrainischen Halbinsel Krim an Russland hat der Kreml bislang auf jede Reaktion des ehemaligen strategischen Partners mehr oder weniger direkt geantwortet. Auf die Aufrüstungsbeschlüsse vom Nato-Gipfel in Wales reagierte Moskau mit einer massiven Ausweitung seiner Militärmanöver. Auf die verstärkte Präsenz von Nato-Truppen in den östlichen Bündnisstaaten folgten jüngst die Ankündigung, dass Russland sein Atomwaffenarsenal modernisieren werde.

„Die Gefahr des gegenseitigen Aufschaukelns besteht“, räumen sogar Nato-Diplomaten ein. Mehrere Gremien beschäftigen sich mittlerweile mit der Frage, ob das Bündnis seine Nuklearstrategie anpassen sollte. In den vergangenen Jahren war der Anteil der Atomwaffen am Mix aus nuklearen und konventionellen Fähigkeiten zurückgefahren worden.

Vorwurf des Vertragsbruchs

Die USA werfen Russland nun vor, gegen ein Abkommen zu verstoßen, das unter anderem die Entwicklung von landgestützten Nuklearraketen mit einer kürzeren und mittleren Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern verbietet. Der US-amerikanische Nato-Botschafter Douglas E. Lute schloss zum Verteidigungsministertreffen nicht aus, dass sein Land reagieren werde. Bislang versuche man Russland aber auf diplomatischen Weg zur Einhaltung des sogenannten INF-Vertrags zu bewegen, betonte er.

Wer wen provoziert und wer nur reagiert, ist dabei kaum mehr auszumachen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kündigte am Mittwoch stolz an, dass die schnelle Eingreiftruppe der Nato künftig bis zu 40 000 Soldaten zählen werde. Wenige Sätze später wies er darauf hin, dass sich das größte Militärbündnis der Welt natürlich nicht in einen Rüstungswettlauf hineinziehen lassen werden. Es gehe allein um die Sicherheit der Mitgliedstaaten. Die gleiche Argumentation für Aufrüstung ist regelmäßig auch aus Moskau zu hören.

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