Vier Verfahren gegen Luxemburg

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Die EU-Kommission hat gestern ein neues „Paket“ von Vertragsverletzungsverfahren gegen verschiedene Mitgliedstaaten vorgelegt. Luxemburg ist in vier Fällen betroffen, darunter in Bezug auf das erste Eisenbahnpaket und zweimal in Sachen Berufs qualifikationen./ Von unserer Korrespondentin Marisandra Ozolins, Brüssel

Zum einen geht es um die mangelhafte Umsetzung einer Richtlinie zur technischen Anpassung der EU-Vorschriften über Berufsqualifikationen anlässlich des EU-Beitritts Bulgariens und Rumäniens. Sie sollte bis zu deren Beitrittstag am 1. Januar 2007 in nationales Recht umgesetzt werden. Mit dieser Richtlinie wird u.a. das Verzeichnis der Berufsqualifikationen, die automatisch anerkannt werden, um die entsprechenden bulgarischen und rumänischen Abschlüsse erweitert. Luxemburg war in dieser Angelegenheit bereits im Dezember 2008 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) verurteilt worden. Danach hatte das Land eine Maßnahme zu Rechtsanwälten mitgeteilt, die der Kommission zufolge jedoch immer noch nicht zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie ausreiche.
Jetzt erhält Luxemburg eine mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission, was der zweiten Etappe eines Vertragsverletzungsverfahrens entspricht, vor einer eventuellen erneuten Gerichtsklage. Falls keine weiteren Maßnahmen getroffen werden, könnte der EuGH dann Luxemburg zur Zahlung eines Pauschalbeitrags oder eines Zwangsgeldes verurteilen.
Eine mit Gründen versehene Stellungnahme richtet die Kommission an Luxemburg auch im zweiten Fall betreffend Berufsqualifikationen. Hier wird das Land aufgefordert, seine nationalen Rechtsvorschriften über die Ausbildungsanforderungen von Krankenpflegepersonal zu ändern, um sie der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen anzupassen.
Diesem EU-Gesetz zufolge müssen alle Mitgliedstaaten den Krankenpflegern in der allgemeinen Pflege ein bestimmtes Ausbildungsniveau bieten und die Qualifikationen automatisch anerkennen, unabhängig davon, wo in der EU sie erworben wurden. Nach Ansicht der Kommission entsprechen die luxemburgischen Rechtsvorschriften hier nicht den in der Richtlinie festgelegten Mindestanforderungen.

Eisenbahn:21 Länder betroffen

Zum sogenannten „ersten Eisenbahnpaket“ hat die Kommission mit Gründen versehene Stellungnahmen an insgesamt 21 der 27 Mitgliedstaaten, darunter Luxemburg, gerichtet. Sie hätten die Rechtsvorschriften dieses aus drei Richtlinien bestehenden Pakets zur Liberalisierung der Eisenbahnmärkte nicht ordnungsgemäß umgesetzt. Ohne einzelstaatliche Einzelheiten zu nennen, monieren die EU-Vertragshüter unter anderem mangelnde Unabhängigkeit der Infrastrukturbetreiber von den Eisenbahnunternehmen, unzureichende Umsetzung der Richtlinie über Wegeentgelte, zum Beispiel durch das Fehlen von Regelungen zur Steigerung der Netzkapazität oder von Anreizen für Infrastrukturbetreiber zur Senkung von Kosten und Entgelten. Kritisiert wird auch das Fehlen von unabhängigen Regulierungsstellen zur Lösung von Wettbewerbsproblemen im Eisenbahnsektor.
Zu (un)guter Letzt hat Luxemburg, zusammen mit Deutschland, Frankreich und Österreich, noch eine Klage vor dem EuGH am Hals, weil in diesen Ländern ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz auf Pferde – und insbesondere auf Rennpferde – erhoben wird. Nach Ansicht der Kommission ist dies laut der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht zulässig. 

Überrascht über Brüsseler Rüge
Überrascht zeigte man sich bei der zuständigen Abteilung im Transportministerium über die Rüge der EU-Kommission in Sachen „mangelhafte Umsetzung des ersten Eisenbahnpaketes“. Bereits Ende vergangenen Jahres seien in Brüssel „sehr konstruktive Gespräche“ über ausstehende Punkte geführt und im Februar in einem Schreiben an die EU-Kommission zusätzliche Fragen beantwortet worden, wurde uns auf Anfrage von einem zuständigen Beamten im Transportministerium versichert. „Seitdem haben wir jedoch nichts mehr aus Brüssel gehört“, so der Beamte.
Dabei sei doch so manches umgesetzt worden, insbesondere was die Sicherheit im Eisenbahnwesen und den Zugang zum Eisenbahnnetz anbelange. Der Beanstandung, Luxemburg habe noch keine unabhängige Regulierungsstelle eingerichtet, begegnet man im Transportministerium mit dem Verweis darauf, dass diese Funktion durchaus vom Transportminister übernommen werden könne, was nach den Vorgaben des ersten Eisenbahnpaketes zulässig sei. Es werde jedoch im Hinblick auf die Bestimmung des dritten Eisenbahnpaketes überlegt, diese Regulierungsfunktionen dem Luxemburger Regulierungsinstitut zu übertragen. gk