Ungarn stimmt ab

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(Vadim Ghirda)

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Die Ungarn stimmen in einem Referendum über die EU-Flüchtlingspolitik ab.

Die Wahlberechtigten sollen entscheiden, ob Ungarn an dem Quotenplan der Europäischen Union zur Verteilung von Flüchtlingen teilnimmt. Ministerpräsident Victor Orban lehnt die verpflichtende Aufnahme von Migranten ab. Abstimmen können die Ungarn am Sonntag noch bis 19.00 Uhr (MESZ). Erste Ergebnisse des Votums werden etwa eine Stunde später erwartet. Damit die Volksabstimmung gültig ist, muss die Wahlbeteiligung bei mindestens 50 Prozent liegen. Umfragen zufolge ist mit einem deutlichen „Nein“ der Ungarn zu den EU-Plänen zu rechnen.

Erste Ergebnisse gegen 20.00 Uhr (MESZ) erwartet

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz kritisierte das Referendum in Ungarn scharf. Orban spiele ein gefährliches Spiel und stelle die Rechtmäßigkeit der europäischen Gesetzgebung infrage, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Sonntag. Das EU-Land müsse nach dem Verteilungsschlüssel lediglich 1300 Flüchtlinge aufnehmen. Er drohte zugleich Ländern, die sich in der Flüchtlingskrise unsolidarisch zeigten, mit finanziellen Nachteilen. Die Nettozahler in der EU trügen auch die Hauptlast bei der Flüchtlingspolitik, sagte Schulz. „Wenn einige Empfängerländer also meinen, sie hätten einen Anspruch auf Solidarität, sie selbst müssten aber nicht solidarisch sein, wird das bei der Überprüfung der EU-Finanzplanung sicherlich diskutiert werden.“

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz rief die EU dagegen auf, sich von der Quoten-Regelung zu verabschieden. „Das Ziel ist völlig unrealistisch“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Zudem könne die Debatte über die Verteilung von Flüchtlingen nach Quoten den Zusammenhalt der gesamten Europäischen Union gefährden. „Sie ist ein gefährlicher Spaltpilz, der für Unruhe, Missverständnisse und gegenseitige Anfeindungen sorgt.“

Quotenplan

Der Quotenplan wurde im vergangenen Jahr gegen die Stimmen Ungarns, Tschechiens, Rumäniens und der Slowakei beschlossen. Reiche Staaten wie Deutschland, in die die meisten Migranten streben, erhoffen sich von der EU-Regelung eine Entlastung. Orban rief seine Landsleute noch am Samstag dazu auf, der EU deutlich mitzuteilen, dass ihre Flüchtlingspolitik falsch sei und ein Risiko für die Sicherheit Europas. Die Politik in den nächsten Monaten müsse darin bestehen, Brüssel davon abzuhalten, die verpflichtende Aufnahme von Flüchtlingen durchzusetzen. Flüchtlingspolitik sei Aufgabe der nationalen Regierungen.

Die Gegner von Orbans Politik machten ihrem Unmut am Freitag Luft. Etwa 1500 protestierten am Freitag in Budapest gegen das Referendum. „Wir sind hierher gekommen, damit wir uns am Sonntag weniger schämen müssen“, sagte Zsuzsa Berkesi, eine 46-jährige Lehrerin.