Die südenglische Kleinstadt Horsham wird der Eintrag in die Geschichtsbücher wohl weiter versagt bleiben. Die entscheidenden Beratungen der G20-Finanzminister blieben am Wochenende weitgehend ergebnislos.
Zwar verständigten sich die Teilnehmer, die gemeinsam immerhin 85 Prozent der Weltwirtschaft repräsentierten, auf eine Absage an den Protektionismus und eine Stärkung des Internationalen Währungsfonds. Doch in entscheidenden Fragen wurde kein Durchbruch erzielt.
Merkel setztauf Abwarten
Knapp drei Wochen vor dem G20-Gipfel in London herrscht damit weiter keine Einigkeit über Maßnahmen zur Überwindung der weltweiten Wirtschaftskrise und der zukünftigen Finanzarchitektur.
Während die USA und Großbritannien darauf drängen, die Rezession durch Staatsinterventionen und Steuersenkungen rascher zu überwinden, stehen Deutschland und Frankreich hier auf der Bremse.
Nach einem Gespräch mit Premierminister Gordon Brown wies Kanzlerin Angela Merkel Vorwürfe zurück, Deutschland tue nicht genug zur Bekämpfung der Krise: „Wir haben ein Maßnahmenpaket im Ausmaß von 4,2 Prozent des BIP beschlossen“, sagte sie. Das sei mehr als die meisten anderen Staaten, sagte sie am Samstag in London öffentlich in Gegenwart Browns. Vor weiteren Schritten müsse man nun „erst abwarten, wie die schon beschlossenen Maßnahmen wirken“. Nur so könne man wissen, was als Nächstes oder noch zu tun sei.
London will nationale Aufsicht behalten
Sollten weitere Schritte nötig sein, müsse die Entscheidung auf nationaler Ebene fallen. Was in Deutschland zu tun sei, entscheide Berlin, betonte Merkel. Ihre Äußerungen fanden umgehend die Zustimmung der französischen Finanzministerin Christine Lagarde. Zuvor hatte ihr Chef, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, erklärt, Paris und Berlin gingen in den G20-Gipfel mit einer „gemeinsamen Position“, die man den anderen Teilnehmern „zeitgerecht kommunizieren“ werde.
Auch über die künftige Regulierung der Finanzmärkte sind die Staaten weiter uneins. Zwar sprachen sich die Finanzminister dafür aus, Hedgefonds und Derivate künftig ebenfalls unter Aufsicht zu stellen.
Doch während viele europäische Staaten die Einrichtung einer gemeinsamen Behörde befürworten, will Großbritannien zwar einen internationalen Regelrahmen, aber keinesfalls die nationale Aufsicht abgeben. Eine völlige Vereinheitlichung würde den Standort London vieler seiner Wettbewerbsvorteile berauben.
Einig nurgegen Steueroasen
Geeint zeigten sich die Finanzminister im Kampf gegen Steueroasen, wo Liechtenstein, Österreich und die Schweiz in den vergangenen Tagen nach massivstem Druck Änderungen ihrer Regelungen akzeptieren mussten. Details der künftigen Finanzarchitektur sollen nun die G20-Führer bei ihrem Gipfel am 2. April festzurren. US-Finanzminister Tim Geithner zeigte sich betont optimistisch: „Ich sehe überwiegende Übereinstimmung. Die Weltgemeinschaft arbeitet zusammen wie nie zuvor.“
Die britische Regierung, die dringend auf einen Prestigeerfolg hofft, bemüht sich mittlerweile die insbesondere von Premier Brown vor kurzem noch bis ins Utopische gesteigerten Erwartungen zu dämpfen. Schatzkanzler Alistair Darling: „In jedem Land herrschen andere Umstände. Ein Einheitsprogramm für alle würde daher nicht funktionieren.“ Jesse Griffiths, ein Sprecher der Beobachtergruppe Bretton Woods Project: „Um in London etwas Konkretes zu erreichen, müssen die Staaten noch so viele Stolpersteine überwinden, dass man getrost von einem Gebirge sprechen kann.“
Les paradis fiscaux listés,voire sanctionnés
|
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können