Überzeugungsarbeit in Brüssel

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In Brüssel haben die 27 EU-Staats- und Regierungschefs gestern damit begonnen, das am 2. April in London stattfindende Gipfeltreffen der G20 vorzubereiten. Für Luxemburg ging es dabei hauptsächlich darum, zu verhindern, wegen seines Bankgeheimnisses auf eine schwarze Liste von unkooperativen Staaten gesetzt zu werden./ Von unserem Redakteur Guy Kemp, Brüssel

Die Gespräche, die die luxemburgischen Minister in Brüssel mit ihren EU-Kollegen führten, hatten daher nur ein Ziel: Klarstellen, dass Luxemburg bereit ist, die einschlägigen Standards der OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) anzuwenden und daher nichts auf einer solchen schwarzen Liste verloren habe. Am vergangenen Freitag hatte sich Luxemburg zu einer gewissen weitergehenden Kooperation bereit erklärt. Wohl werde man das Bankgeheimnis beibehalten, doch soll es in bestimmten Fällen auf Anfrage zu einem Informationsaustausch zwischen den luxemburgischen und ausländischen Steuerbehörden kommen.
Während der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker unter anderem seiner deutschen Amtskollegin Angela Merkel diesen entscheidenden Schritt Luxemburgs näher brachte, bearbeitete Budgetminister Luc Frieden den deutschen Finanzminister Peer Steinbrück, der in den letzten Tagen nicht fertig wurde, gegen Länder mit einem Bankgeheimnis zu wettern.
Er habe Steinbrück im Detail erklärt, wie Luxemburgs Finanzplatz funktioniert und ihn darauf hingewiesen, dass das Großherzogtum sämtliche europäischen Richtlinien voll und ganz anwendet, sagte Frieden gestern nach seinem Gespräch mit dem deutschen Finanzminister. Verdeutlicht habe er Steinbrück zudem, „warum Luxemburg auch nach den Kriterien der OECD nicht zu den Steuerparadiesen gerechnet werden kann“, so Frieden weiter.
Beide seien übereingekommen, in einem Zusatz zum Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Luxemburg und Deutschland festzuhalten, dass sich Luxemburg künftig an die OECD-Regeln hält und auf Anfrage hin in speziellen Fällen die deutschen Steuerbehörden Auskünfte aus Luxemburg erhalten. In den kommenden Wochen bereits sollen entsprechende Verhandlungen zwischen Regierungsbeamten beider Länder aufgenommen werden. Er habe Steinbrück gegenüber allerdings auch deutlich gemacht, dass Luxemburg nicht mehr als die OECD-Standards anwenden werde. „Ein Informationsaustausch auf eine Anfrage hin ist das einzige, was infrage kommt“, so Frieden. Auch wenn es zu den Verhandlungen über die Überarbeitung der Zinsbesteuerungsrichtlinie kommt, ergänzte er.

Kein automatischerInformationsaustausch

Damit machte Frieden deutlich, dass Luxemburg nicht zum automatischen Informationsaustausch übergehen wolle.
Am 13. November 2008 hat die EU-Kommission ihre Vorschläge zur Änderung der Zinsbesteuerungsrichtlinie vorgelegt. Demnach sollten künftig unter anderem auch Zinserträge aus bestimmten Wertpapieren und Lebensversicherungsverträgen in den Geltungsbereich der Richtlinie mit einbezogen werden. Damals erklärte der zuständige Kommissar Laszlo Kovacs, dass das in Belgien, Österreich und Luxemburg geltende System der Quellensteuer beibehalten werden sollte, das bisher noch keine Probleme bereitet habe.
Im Gegensatz dazu würde der von den anderen angewandte automatische Informationsaustausch nicht gerade optimal funktionieren, erklärte Frieden weiter. Ohnehin verlangen die OECD-Standards keinen automatischen Informationsaustausch. Großbritannien erhob gestern jedoch in einem Positionspapier zum EU-Gipfel abermals die Forderung, dass alle EU-Staaten das Prinzip des Informationsaustausches anwenden sollten.
Irritiert zeigte sich Frieden zudem gegenüber seinem deutschen Gesprächspartner, dass Luxemburg außerhalb des Rahmens der EU als nicht kooperativ angesehen werde. Und Frieden bedauerte den Sprachgebrauch, der in den letzten Tagen und Wochen in diesem Zusammenhang gebraucht wurde.
Erst am späten Abend dann wurde bekannt, dass keines der EU-Staaten auf dieser ominösen schwarzen Listen stehen werde (siehe nebenstehenden Kasten).
Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker erklärte gestern Abend nach den Gesprächen der EU-Staats- und Regierungschefs, dass man sich in den großen Linien „auf die Notwendigkeit einer stärkeren Regulierung der internationalen Finanzaufsicht“ geeinigt habe. Kein Finanzprodukt solle mehr dieser Aufsicht entgehen.
Geeinigt haben sich die 27 ebenfalls auf das von der EU-Kommission vorgeschlagene Fünf-Milliarden-Euro-Paket zum Ausbau von Energie- und Breitbandinfrastrukturen. Alle 27 EU-Mitgliedstaaten würden von diesem „Geldpaket“ profitieren können, auch Luxemburg, sagte Juncker.
Mit diesen fünf Milliarden Euro sollen Projekte umgesetzt werden, die bereits in den Jahren 2009/2010 in Angriff genommen werden können, erklärte der tschechische Ratspräsident Mirek Topolanek. Damit kam er insbesondere einer Forderung der deutschen Kanzlerin Angela Merkel entgegen.
Außerdem bliebe es dabei, dass es keine neuen Konjunkturprogramme geben werde, so Juncker.

 Juncker: Luxemburg
nicht auf schwarzer Liste

Wie die OECD dem Tageblatt gegenüber bereits am vergangenen 12. März erklärte, kommt Luxemburg nicht auf eine sogenannte schwarze Liste.
Nach den Gesprächen der 27 bestätigte der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker gestern Abend, dass keines der EU-Staaten auf eine schwarze Liste von Steueroasen stehen wird. „Sowohl Frau Merkel als auch Herr Sarkozy haben gesagt, sie würden sich dagegen aussprechen, dass Luxemburg auf einer irgendwie gearteten Liste von Steuerparadiesen oder Bankoasen stehen würde“, so Juncker. Er zeigte sich zufrieden, dass auch Italien, Spanien und die Niederlande sich dagegen ausgesprochen haben, dass Luxemburg auf eine Liste von Ländern kommt, gegen die Sanktionen verhängt werden könnten. Auch Belgien und Österreich werden nicht auf dieser Liste sein. Großbritannien habe sich weniger klar dazu ausgesprochen, so Juncker weiter. Er meinte dazu, wenn der britische Premierminister noch Probleme damit habe, diese drei EU-Staaten nicht auf die Liste zu setzen, könnte diese auf alle britischen Territorien ausgeweitet werden, inklusive der Londoner City. gk