/ Telekom-Paket in den Händen Frankreichs
Ein zwischen Rat, Parlament und EU-Kommission ausgehandelter Kompromiss wurde durch einen einzigen Änderungsantrag, der von den Grünen und Liberalen eingebracht wurde, in Frage gestellt. Die Entscheidung über das Paket liegt nun in den Händen des Rates, genauer der Haltung Frankreichs in dieser Angelegenheit.
Das Telekom-Paket ist ein großes Reformwerk über das europäische Telekommunikationsrecht, das von der luxemburgischen EU-Kommissarin Viviane Reding auf den Weg gebracht wurde. Dabei werden so unterschiedliche Bereiche wie der Datenschutz und die Rechte der Internet- und Telefonkunden sowie die Neuvergabe von Frequenzen nach der Einführung des Digitalfernsehens geregelt. Es sollen Investitionen ins Breitbandnetz gefördert und eine neue europäische Regulierungsbehörde für die elektronische Kommunikation (Gerek) geschaffen werden oder der Zugang zu den Netzen neu geregelt werden.
Allgemein wird sich damit ein neuer Schub für die europäische Kommunikationsbranche erhofft, da neue Möglichkeiten für Investitionen entstehen, eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Staaten über Gerek ermöglicht und mehr Rechtssicherheit geschaffen wird. Die vier entsprechenden Gesetzentwürfe wurden allesamt mit einer jeweils großen Mehrheit von den EP-Abgeordneten angenommen. Nur in einem bestimmten Punkt schossen die Parlamentarier quer.
Was mit einem Gesetz zu tun hat, das derzeit in Frankreich in Ausarbeitung ist. Laut diesem Gesetz sollte es Internetanbietern ermöglicht werden, ihren Kunden den Zugang zu sperren, wenn sie auf illegalem Wege Werke jeder Art (etwa Musik) über das Internet herunterladen. Diese Regelung sollte nun über das Telekom-Paket auch in europäisches Recht einfließen. Zumindest sollte das so genannte Hadopi-Gesetz in Frankreich nicht durch die europäische Gesetzgebung torpediert werden.
Die EU-Parlamentarier sehen jedoch hier grundlegende Rechte der Europäischen Union in Gefahr. Denn mit dem Zugang zum Internet werden immerhin das Recht auf Zugang zu Informationen sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch genommen. Zudem müsse das Recht auf ein Privatleben respektiert werden. Es könne daher nicht sein, dass ein privates Unternehmen ohne weiteres den Zugang zum Internet kappen könne. Wenn auch in Frankreich vorgesehen ist, dass dies erst nach zwei Warnungen erfolgen würde.
Die EU-Parlamentarier verlangen daher mit der gestrigen Abstimmung, dass auch in diesem Fall rechtsstaatliche Prinzipien einzuhalten sind und nur ein Gericht über einen solchen Ausschluss aus der Netzgemeinschaft entscheiden dürfe.
Wohl hatte die zuständige Berichterstatterin des Parlaments, die französische sozialistische Abgeordnete Catherine Trautmann, einem diesen Punkt betreffenden Kompromiss mit dem Rat zugestimmt. Sie ließ es aber zu, dass ihr Kompromiss während der Abstimmung nicht zum Zuge kommen sollte, wodurch sie der von den Liberalen und den Grünen eingebrachten Änderung zum Durchbruch verhalf.
Grundrechte schützen
Zu diesem Zeitpunkt wurde im Europäischen Parlament französische Innenpolitik betrieben. Wofür sich Trautmann denn auch im Anschluss an die Abstimmung ausgiebig entschuldigte, allerdings mit dem Verweis auf die Notwendigkeit, grundlegende Rechte in der Europäischen Union zu schützen. Der an dem Coup beteiligte deutsche Liberale Alexander Alvaro erklärte uns, dass der Trautmannsche Kompromiss das Hadopi-Gesetz nicht in Frage gestellt hätte und damit eine Netzsperrung ohne richterlichen Beschluss weiterhin möglich gewesen wäre.
„Der Ball liegt nun im Lager des Rates“, so Viviane Reding. Dieser wird sich am 12. Juni in Luxemburg mit der Angelegenheit befassen. Die Entscheidung, die die 27 zuständigen EU-Minister dann zu treffen haben, wiegt schwer. Vieles wird dabei von der Haltung Frankreichs abhängen, wenn Paris es den anderen 26 EU-Partnern ersparen will, den französischen Minister niederzustimmen. Denn das Dossier bedarf keiner Einstimmigkeit. Sollte der Rat jedoch nur die eine Änderung des Parlamentes ablehnen, wird der gesamte Gesetzgebungsprozess wieder bei Null beginnen müssen, warnte Reding. Und die europäische Kommunikationsindustrie würde auf unbestimmte Zeit nicht von den im Telekom-Paket enthaltenen Vorteilen profitieren können.
- Tageblatt Gewinnspiel vom 24.09.10: « Die Welt von Milch und Käse » mit Poster - 29. September 2010.
- Tageblatt Gewinnspiel vom 28.09.10: « Seife, Duft & Badeschaum » - 27. September 2010.
- Frau wurde leicht verletzt - 26. September 2010.