/ Sarkozys Sockel bröckelt in der Provinz
Der Sonntag wird wohl ein schwarzer Tag für Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy – und ein roter für sein Land. Bei der ersten Runde der Regionalwahlen sehen Prognosen eine herbe Niederlage für die Regierungspartei UMP und einen Erfolg für die oppositionellen Sozialisten (PS) voraus. Der zweite Wahlgang in einer Woche entscheidet dann endgültig darüber, ob die konservative UMP auch ihre letzten beiden Bastionen, das Elsass und die Insel Korsika, verliert. Schon jetzt beherrscht die PS in 20 der 22 innerfranzösischen Regionen und auch in den vier Überseeregionen spielen die Konservativen kaum eine Rolle. Die Wahl gilt als Stimmungstest. Und die Stimmung hat sich gegen den Präsidenten und seine Regierung gedreht. Sein Beliebtheitswert lag zuletzt nur noch bei rund 36 Prozent.
Sarkozy bemüht sich, die nationale Bedeutung der Abstimmung zu relativieren: „Regionale Wahlen, regionale Folgen – nationale Wahlen, nationale Folgen.“ Eine Regierungsumbildung, mit der seine Vorgänger gerne einen Neuanfang zu signalisieren versuchten, schließt der Staatschef daher aus.
Gleichzeitig hielt er seine Ankündigung, sich aus dem Regionalwahlkampf herauszuhalten, nicht ein. Sarkozy reiste in die Provinz, mischte sich in die Kampagne der UMP-Spitzenkandidatin für die Hauptstadtregion, Valérie Pécresse, ein und gab nun dem regierungsnahen Figaro Magazine ein ausführliches Interview. Reiner Zufall, dass es gestern und damit zwei Tage vor dem ersten Wahlgang erschien? Und zwar in einem Blatt, das vor allem Stammwähler der Präsidentenpartei abonniert haben? Er gebe keine Wahlempfehlung, sagt er darin, doch der Urnengang sei „Bürgerpflicht“.
Anhänger verlassen Sarkozy
Sarkozys Anhänger haben sich seit seiner Amtsübernahme vor zweieinhalb Jahren zunehmend abgewandt. Dem Präsident, der als Kandidat einen „Bruch“ mit dem verkrusteten System versprochen und mit dem Slogan „Mehr arbeiten, um mehr zu verdienen“ geworben hatte, werfen sie selbstherrliche Alleingänge und mangelndes Gespür vor. Dass seine Partei zuletzt auf Themen wie innere Sicherheit, Einwanderung und nationale Identität setzte, brachte ihr den Vorwurf ein, Stimmen im rechtsextremen Rand zu fischen.
Dabei sind es die Wirtschaftskrise und ihre Folgen, die die Franzosen in erster Linie beschäftigt: Die Arbeitslosenquote stieg mit rund zehn Prozent auf den höchsten Wert seit zehn Jahren an. Betriebsschließungen und Personalabbau fördern ein Klima der Zukunftsangst, ebenso wie die zahlreichen Reform-Baustellen, die der ehrgeizige „Hyper-Präsident“ aufriss. Täglich demonstrieren Ärzte und Krankenschwestern, Juristen, Lehrer und Erzieherinnen auf den Straßen. Als Reaktion überraschte Sarkozy nun mit der Ankündigung einer „Reform-Pause“ – Ende 2011 und damit im Vorfeld der nächsten Präsidentschaftswahl im darauffolgenden Jahr.
Sozialisten zwischen zwei Fronten
Dafür bringen sich auch die Sozialisten und speziell Parteivorsitzende Martine Aubry in Stellung. Nach einer quälend langen Phase der Orientierungslosigkeit und parteiinternen Machtkämpfe verhelfen die positiven Prognosen der PS zu neuem Selbstbewusstsein. Allerdings könnte ihr das südfranzösische Languedoc-Roussillon verloren gehen: Die Gegenliste, die Aubry gegen den amtierenden sozialistischen Regionalratspräsidenten George Frêche aufstellte, nachdem dieser mit rassistischen Äußerungen in die Schlagzeilen geraten war, liegt in Umfragen zurück.
Gefährlich könnten der PS auch die Grünen werden, die bei der Europawahl im Juni beinahe zweitstärkste Kraft geworden wären. Von der Schwäche der Regierungspartei will nicht zuletzt auch der rechtsnationale „Front national“ profitieren: Die Partei von Jean-Marie Le Pen hofft, in etwa der Hälfte der Regionen über die Zehn-Prozent-Hürde zu springen und in die zweite Wahlrunde in einer Woche einzuziehen.
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