Rom schweigt zu Vorfällen in Deutschland

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Papst Benedikt XVI. habe „mit großer Betroffenheit und tiefer Erschütterung“ auf die Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen in Deutschland reagiert, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, gestern nach einer Audienz im Vatikan.

Der Papst habe ihn ermutigt, die Fälle rückhaltlos aufzuklären und den Opfern beizustehen. Selbst hat sich Benedikt XVI. allerdings bislang nicht öffentlich zu den Vorfällen in seinem Heimatland geäußert. „Ich bin Papst Benedikt XVI. dankbar, dass er das entschiedene Handeln der Deutschen Bischofskonferenz nachdrücklich positiv unterstützt“, sagte Zollitsch.
Der Papst ermutige die Bischöfe, „den eingeschlagenen Weg der lückenlosen und zügigen Aufklärung konsequent fortzusetzen“. Insbesondere bitte der Papst darum, dass die Leitlinien der Bischofskonferenz kontinuierlich angewendet und wo notwendig verbessert würden. „Papst Benedikt XVI. hat ausdrücklich unseren Maßnahmenplan gewürdigt“, sagte Zollitsch. Er habe zudem die Glaubenskongregation über die von der Deutschen Bischofskonferenz gegen den Missbrauch eingeleiteten Schritte informiert. Der Vatikan prüfe nun, ob er selbst universelle Normen für den Umgang mit solchen Fällen aufstellen solle, sagte Zollitsch.
Bei dem Treffen in Rom handelte es sich eigentlich um einen Routinebesuch, bei dem Zollitsch das Kirchenoberhaupt über die Ergebnisse der Frühjahrs-Vollversammlung der Bischofskonferenz unterrichten sollte. Das Thema Missbrauch stand jedoch angesichts der zahlreichen aufgedeckten Fälle im Mittelpunkt.

Thierse fordert Entschuldigung

Öffentlich schweigt der Papst weiter zu den Missbrauchsvorwürfen in seiner deutschen Heimat, in anderem Zusammenhang hatte er den Missbrauch von Kindern jedoch aufs Schärfste verurteilt. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) forderte den Papst zu einer Entschuldigung bei den Opfern auf. Eine solche Geste sei mehr wert als einige Tausend Euro Entschädigungszahlungen, sagte er im RBB-Inforadio.
Die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche“ verlangte vom Papst grundsätzliche Entscheidungen, um den Missbrauch zu bekämpfen. Der Sprecher der Reformer, Christian Weisner, sagte im SWR, der Papst müsse einsehen, dass die Kirche ein „globales Problem“ habe, das wesentlich in ihrer Haltung zur Sexualität und zu den Geschlechterrollen begründet sei.
In der Bundesregierung gibt es weiterhin unterschiedliche Bewertungen der Affäre. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) ging in der Financial Times Deutschland indirekt auf Distanz zu Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die bei der Aufarbeitung vor allem die katholische Kirche in der Pflicht sieht und ihr mangelnde Aufklärung vorgeworfen hat.