Putin-Vertrauter zum neuen Bürgermeister Moskaus gewählt

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Ein enger Vertrauter des russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin ist am Donnerstag zum neuen Bürgermeister der Hauptstadt Moskau gewählt worden. Putins Stabschef Sergej Sobjanin wird Nachfolger von Juri Luschkow, der nach 18 Jahren im Amt im September von Präsident Dmitri Medwedew im Streit entlassen wurde, nachdem er den Staatschef in einem Zeitungsartikel kritisiert hatte.

Die Wahl Sobjanins erfolgte nahezu einstimmig und galt angesichts seiner engen Verbindung zu Putin als reine Formsache. Ohne Luschkow beim Namen zu nennen, ging Sobjanin mit der früheren Stadtverwaltung hart ins Gericht und warf ihr Korruption und Ineffizienz vor. Er wolle die Bedingungen für Investoren verbessern, die Situation auf den chronisch verstopften Straßen verbessern und in das Bildungs- und Gesundheitswesen investieren, sagte Sobjanin.

Direkt nach seiner Wahl besuchte er eine Sitzung des russischen Kabinetts und erhielt von Putin eine Verdienstmedaille. Er gelobte dem starken Mann in der russischen Politik auch weiterhin Gefolgschaft. „Auch wenn ich kein Mitglied des Kabinetts mehr bin, werde ich ein Mitglied Ihres Teams bleiben“, sagte der neue Bürgermeister.

Sobjanins Ernennung unterstreicht einmal mehr die zentrale Machtposition Putins in der russischen Politik. Der Regierungschef kann damit seine Kontrolle über die Millionenmetropole und ihre Wirtschaftskraft weiter verstärken. In zwei Jahren wird in Russland ein neuer Präsident gewählt.
Der neue Moskauer Bürgermeister ist 52 Jahre alt und wuchs in Westsibirien auf. Er war Gouverneur der Region Tjumen, bevor ihn Putin 2005 zu seinem Stabschef machte.

Als Putin Medwedew 2008 zu seinem Nachfolger im Amt des Präsidenten auserkor, wurde Sobjanin mit der Führung des Wahlkampfs betraut. Nach dem erwarteten Sieg Medwedews und Putins Wechsel in das Amt des Ministerpräsidenten ernannte dieser Sobjanin zu seinem Stabschef im Kabinett und gab ihm den Titel eines stellvertretenden Regierungschefs.
Bei der Wahl am Donnerstag stimmte Putins Partei Vereinigtes Russland, die 32 der 35 Sitze in der Moskauer Stadtverordnetenversammlung innehat, für Sobjanin. Lediglich zwei kommunistische Abgeordnete votierten gegen Putins Vertrauten.

„Eine unterwürfige Partei“

Luschkow war bis September die letzte noch aktive Führungsfigur in der russischen Politik aus der Zeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Er hatte sich die beiden mächtigsten Männer im Land, Putin und Medwedew, zu Gegnern gemacht.
Die Regierungspartei Vereinigtes Russland, der er ebenfalls in führender Position angehört hat, warf Luschkow vor, vor dem Kreml zu Kreuze zu kriechen. „Das ist eine unterwürfige Partei, und ich höre auf“, sagte er am Donnerstag in einer Rede vor Studenten, wie die Nachrichtenagentur Interfax berichtete.

Gegen Luschkow und seine Ehefrau, die Bauunternehmerin Jelena Baturina, sind Korruptionsvorwürfe erhoben worden. Zum Verhängnis wurde dem 74-jährigen Luschkow zuletzt ein Zeitungsartikel, in dem er Medwedew kritisiert hatte, weil dieser im August die Bauarbeiten an einer Hauptverkehrsstraße zwischen Moskau und dem Flughafen Scheremetjewo stoppen ließ. Vorangegangen waren Proteste von Umweltschützern, da die Rodung eines jahrhundertealten Eichenwaldes drohte.

Luschkows Politik zeichnete sich durch eine gewisse Rücksichtslosigkeit aus. Am sichtbarsten zeigte sich das, wenn irgendwo in der Stadt mal wieder die Bulldozer anrückten, um ein historisches Gebäude abzureißen, weil es sich auf möglicherweise teurem Boden befand. Allerdings gelang es ihm auch, die einst schäbige und heruntergekommenen Hauptstadt in eine moderne, wenn auch manchmal etwas protzige Metropole zu verwandeln.

dapd