Pulitzer-Preise für die „vierte Gewalt“

Pulitzer-Preise für die „vierte Gewalt“
(dpa-Archiv)

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Die "vierte Gewalt", die Presse, hat in Demokratien gewaltigen Einfluss. Die Pulitzer-Preise sollen die journalistischen Leistungen ehren, die die Demokratie zum Wohl des Volkes gestärkt haben.

Es gibt ihn noch, den investigativen Journalismus. Allen Unkenrufen zum Trotz über angeblich verflachende Reportagen und häppchenweise Nachrichten im Internet zeigen die großen Zeitungen, dass der nachforschende, aufdeckende, aufklärende Journalismus lebt, dass er da, wichtig und marktfähig ist. Der Jury der New Yorker Columbia-Universität war das am Montag wieder 14 Pulitzer-Preise wert. Auch für Literatur und Bühne wurden die Preisträger genannt, die bei einer festlichen Gala im Mai nebst der Auszeichnung 10.000 Dollar (7000 Euro) bekommen.

Jennifer Egan gewinnt mit ihrem Roman „A Visit from the Goon Squad“ auch einen Pulitzer-Buchpreis. (Bild: dpa)

Der Pulitzer-Preis

Vor 100 Jahren starb Joseph Pulitzer, und vermutlich würde sich kaum jemand an den New Yorker Verleger erinnern, wenn es nicht den von ihm gestifteten Preis gäbe. Er zählt zu den wichtigsten Auszeichnungen für amerikanische Journalisten, Fotografen, Schriftsteller, Poeten und Komponisten. Vergeben wurde der Preis zum ersten Mal 1917.

Es wurden immer mehr Kategorien, inzwischen sind es 21 – 14 für journalistische, 7 für künstlerische Arbeiten, darunter auch Drama und Musik. Das Preisgeld beträgt jeweils 10.000 Dollar (7000 Euro). Der Gewinner des Hauptpreises „Dienst an der Öffentlichkeit“ – immer eine Zeitung und keine Einzelperson – bekommt eine Goldmedaille.

Die Jury besteht hauptsächlich aus Verlegern, Publizisten und Schriftstellern. Sie wählen an der New Yorker Columbia-Universität die Preisträger in einem mehrstufigen Verfahren aus tausenden Einsendungen pro Jahr. Schon mehrfach wurden auch künftige Nobelpreisgewinner gekürt, darunter Ernest Hemingway und Toni Morrison.

Von dem Städtchen Bell mit seinen nicht einmal 40.000 Einwohnern hätte man außerhalb Südkaliforniens vielleicht nie etwas erfahren, wenn sich die Stadtoberen nicht die Taschen mit Steuergeldern vollgestopft hätten. Und wenn es die „Los Angeles Times“ nicht gäbe. Doch als alle in der Stadt wegsahen – und mitkassierten – deckte die Zeitung auf, dass sich in der Stadtverwaltung viele gegenseitig fürstliche Gehälter zugeschanzt hatten. Die „LA Times“ darf keine Beamten entlassen, sie darf nicht festnehmen und keine Gesetze ändern. Aber all das geschah durch die zuständigen Stellen, nachdem die Zeitung den Skandal aufgedeckt hatte.

Pulitzer-Preis

Für genau solche Fälle hatte Joseph Pulitzer seinen Preis gestiftet. Nachdem der Verleger der „New York World“, die es längst nicht mehr gibt, vor 100 Jahren gestorben war, dauerte es noch bis 1917, bis zum ersten Mal die goldene Medaille vergeben wurde. John F. Kennedy hat eine bekommen, Ernest Hemingway auch oder die beiden Watergate-Aufdecker Carl Bernstein und Bob Woodward. Und jetzt auch Paige St. John. Die kannten bislang nur die Leser der kleinen „Sarasota Herald-Tribune“, doch die Journalistin deckte auf, dass die Hausversicherer in Florida sich oft absprechen und die Kunden nicht das für ihr Geld bekommen, was ihnen zusteht.

Für solche Recherchen gibt es in New York sogar ein unabhängiges Büro, das von Spenden finanziert wird und lange und teure Nachforschungen betreibt. „ProPublica“ heißt es, und die Arbeit des Teams zu den Hintergründen der Finanzkrise war der Jury ebenfalls einen Pulitzer-Preis wert. Das gilt auch für zwei „New York Times“-Reporter, die die Zustände im russischen Justizsystem schilderten.

14 Kategorien

In 14 Kategorien werden die berühmtesten Journalistenpreise der Welt vergeben, auch für Kunstkritik, Kommentare und sogar die besten Karikaturen. Die erfolgsverwöhnte „New York Times“ musste sich ebenso wie die „Los Angeles Times“ mit zwei Auszeichnungen zufriedengeben, die „Washington Post“ gar nur mit einer. Aber die letzten Jahre haben immer wieder gezeigt, dass auch kleine Blätter zu großem Journalismus in der Lage sind, so wie in diesem Jahr die Zeitung aus Sarasota, Florida. Oder der „Milwaukee Journal Sentinel“, der mit einer Reportage über die Heilung eines vier Jahre alten Jungen beeindruckte. Oder der „The Star-Ledger“ aus New Jersey, der schilderte, wie ein Fischerboot unter mysteriösen Umständen sank und sechs Männer mit in den Tod riss.

Doch die Pulitzer- sind auch Buchpreise. Das meiste Aufsehen hat Jennifer Egan erregt. Mit „A Visit from the Goon Squad“, das es auf deutsch noch nicht gibt, sei ihr eine „originelle Untersuchung des Erwachsen- und Altwerdens im digitalen Zeitalter“ gelungen. Das Buch dreht sich um den Punkrocker Bennie Salazar, seine Freunde und die Musikszene, beschrieben über fünf Jahrzehnte.

Pulitzer-Buchpreise

Das beste Sachbuch war nach Ansicht der Jury „The Emperor of All Maladies: A Biography of Cancer“ (etwa: „Der Kaiser aller Krankheiten: Eine Biografie des Krebses“) von Siddhartha Mukherjee. Aber auch andere Kunstformen wurden berücksichtigt. So wurde Kay Ryan im Bereich Poesie ausgezeichnet. Der 1953 in Peking geborene Zhou Long wurde für seine Oper „Madame White Snake“ geehrt. Der Preis für das beste Drama ging an Bruce Norris für „Clybourne Park“.

Nur ein Preis wurde nicht vergeben, der für die schnelle und multimediale Berichterstattung lokaler Großereignisse. Es gab Nominierte. Keiner aber war in den Augen der Jury preiswürdig.