Nato-Gipfel: Ab 2011 Rückzug aus Afghanistan

Nato-Gipfel: Ab 2011 Rückzug aus Afghanistan

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der Nato-Gipfel in Lissabon hat am Samstag über einen Fahrplan zum allmählichen Rückzug aus dem Kampfeinsatz in Afghanistan beraten.

Bis Ende 2014 sollen die afghanische Armee und Polizei nach dem Willen der Militärallianz die alleinige Verantwortung für die Sicherheit in ihrem Land übernehmen. Die internationalen Truppen würden allerdings auch danach noch Präsenz am Hindukusch zeigen und die afghanischen Sicherheitskräfte unterstützen, betonte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. US-Präsident Barack Obama will die US-Truppen ab Juli 2011 reduzieren.

Der afghanischen Präsidenten Hamid Karsai hatte im Westen zuletzt für Unmut gesorgt, als er die USA in harschen Worten aufforderte, die nächtlichen Einsätze ihrer Spezialkräfte zur Ergreifung und Tötung von Taliban zu stoppen. Rasmussen mahnte dagegen, es gebe keine Alternative zu den Razzien, wenn die Taliban zu einer politischen Lösung gezwungen werden sollten.

2011 erste Provinzen an die Afghanen

Die Nato geht mit der Übergabe der Sicherheitsverantwortung von einer allmählichen Reduzierung der internationalen Truppen in Afghanistan aus, die derzeit eine Rekordstärke von 150.000 Soldaten erreicht haben. 2011 sollen die ersten Provinzen an die Afghanen übergeben werden. Abhängig sei dies allerdings von der Sicherheitslage sowie der Stabilität der örtlichen Behörden und Sicherheitskräfte, sagte der oberste zivile Beauftragte der Nato für Afghanistan, Mark Sedwill, in Lissabon. Die internationalen Truppen würden sich auch nicht völlig aus den übergebenen Regionen zurückziehen, sondern dort noch Stützpunkte behalten, um die Lage zu beobachten.

„Wir dünnen unsere Truppen zwar aus, aber wir verschwinden nicht einfach“, betonte Sedwill. Die freiwerdenden Soldaten sollten in anderen Regionen im den Kampfeinsatz geschickt oder zur Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte eingesetzt werden. „Einige von ihnen können im Laufe der Zeit vielleicht auch nach Hause gehen“, sagte Sedwill. In Gebieten, wo die Sicherheitslage schwierig ist, könne die Übergabe allerdings auch bis 2015 oder darüber hinaus dauern.

Aufbau von Polizei und Militär

Parallel zum Übergabeprozess will die Nato den Aufbau von Polizei und Militär weiter massiv vorantreiben. Die Zahl der derzeit 260.000 Soldaten und Polizisten soll bis Oktober auf 306.000 steigen. Auch der Mangel an Ausbildern ist offenbar behoben. „Wir sind fast voll besetzt“, erklärte Sedwill. Vor einigen Wochen hatten noch 900 Ausbilder gefehlt, diese Lücke könnte nun unter anderem durch kanadische Soldaten gefüllt werden.

Der Aufbau der Sicherheitskräfte leidet allerdings unter hohen Desertionsraten. Außerdem halten Experten die Regierung in Kabul für zu korrupt, instabil und unfähig, um lange ohne die Unterstützung der ausländischen Truppen zu überleben. Der Nato-Gipfel will Afghanistan daher langfristig Unterstützung in der Bildung sowie beim Aufbau und der Ausbildung von Polizei und Militär zusagen. Die Fehler der Vergangenheit dürften nicht wiederholt werden, betonen die Staats- und Regierungschefs. Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen 1989 hatten sich die USA, die bis dahin in einem Stellvertreterkrieg die islamistischen Rebellen unterstützt hatten, nicht weiter um Afghanistan gekümmert. Das Land stürzte in einen Bürgerkrieg, der erst mit der Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban endete.

Reuters