Kampf ums Weiße Haus gestartet

Kampf ums Weiße Haus gestartet
(Andrew Harnik)

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Clinton gegen Trump. So könnte das Duell um das Weiße Haus lauten, wenn die Amerikaner am 8. November den Nachfolger von US-Präsident Barack Obama wählen.

Vielleicht aber nominieren die Demokraten statt der früheren Außenministerin den linken Senator Bernie Sanders als ihren Kandidaten. Und die Republikaner setzen nicht auf den streitbaren Immobilien-Milliardär Trump, sondern auf den erzkonservativen Senator Ted Cruz. Oder sie versuchen, mit moderateren Bewerbern wie Marco Rubio oder Jeb Bush nach acht Jahren den mächtigsten Politikerposten der Welt zurückzuerobern. Die Entscheidungen sollen spätestens bis zum Sommer bei den parteiinternen Vorwahlen fallen. Das landesweite Schaulaufen startet diesen Montag im Agrarstaat Iowa.

Als Hillary Clinton im April ihre Bewerbung bekanntgab, galt sie als gesetzt. Doch inzwischen macht der früheren First Lady ein international kaum bekannter Senator aus dem kleinen Bundesstaat Vermont das Leben schwer. In Umfragen holte der parteilose Sanders, der sich selbst als „demokratischer Sozialist“ bezeichnet, in den vergangenen Monaten auf. Manch einen erinnert das an 2008. Auch damals war Clinton bei ihrem ersten Anlauf für das Kandidatenticket lange Favoritin. Doch dann triumphierte in Iowa der schwarze Senator Obama. Eine Welle der Begeisterung trug ihn bis ins Weiße Haus. Clinton blieb das Außenministerium.

Amerikas Chefdiplomatin

Ihre vier Jahre als Amerikas Chefdiplomatin brachten ihr viel Anerkennung. Aber sie sind auch der Grundstein für ein potenziell gewaltiges Hindernis auf dem Weg zur ersten US-Präsidentschaft einer Frau. Der 68-Jährigen droht eine Anklage, weil sie E-Mails während ihrer Zeit als Außenministerin über einen privaten Server abwickelte. Kurz der Vorwahl spitzte sich die Affäre zu. Das Außenministerium stufte 22 Mails als „Top Secret“ ein.

Viele Wähler trauen Clinton nicht, sie sehen sie zu sehr verstrickt in den Washingtoner Machtapparat und nehmen ihr ihre Kampagne, die auf eine Stärkung der Mittelschicht abzielt, nicht ab. Da kommt Schützenhilfe vom Präsidenten, der in der eigenen Partei großes Ansehen genießt, gerade recht. Obama will zwar keine konkrete Wahlempfehlung abgeben. Aber kürzlich betonte er doch explizit die Vorzüge Clintons, allen voran ihre politische Erfahrung.

Republikaner suchen Anti-Obama

Während Clinton auf Obamas Erbe aufbauen will, laufen die Republikaner dagegen Sturm: die Gesundheitsreform, das Atomabkommen mit dem Iran, die Syrien-Strategie, schärfere Waffenregeln, die Legalisierung der Homo-Ehe. All das hat auch viele Wähler verstört. Ein knappes Dutzend Bewerber wittert die Chance, dass die Wut auf Obama für einen Sieg der Republikaner im November reichen könnte. Vor allem einer weiß die Unzufriedenheit für sich zu nutzen: Donald Trump.

Seit Monaten dominiert er die Schlagzeilen. Trump provoziert und polarisiert. Er wettert gegen Frauen, Muslime, Waffengegner. Einiges geht selbst seinen Mitbewerbern zu weit. Trotzdem hat der 69-Jährige eine riesige Fangemeinde um sich geschart. Und immer wieder verweist er auf seinen Erfolg als Unternehmer. Das soll ihn als Experten für eines der nach wie vor heißesten Eisen ausweisen: die Wirtschaft. Trump sagt, die USA befänden sich in einer Blase, die zu platzen drohe. Zwar wächst die Wirtschaft, und die Lage am Arbeitsmarkt ist so gut wie seit Jahren nicht mehr. Aber es bestehen durchaus Risiken, etwa die Konjunkturabkühlung in China und der niedrige Ölpreis. Trump sagt: „Das Land sitzt in der Patsche.“

Erzkonservative Tea-Party-Bewegung

Sein schärfster Rivale in Iowa ist laut Umfragen Ted Cruz. Der Senator aus Texas steht der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung nahe. Das dürfte einige Wähler abschrecken. Eine Alternative wäre Marco Rubio. Der 44-jährige Senator aus Florida ist Sohn kubanischer Einwanderer und könnte deshalb die wachsende hispano-amerikanische Wählerschaft gewinnen.

Am Ende könnten taktische Überlegungen den Ausschlag geben. Wem trauen die Wähler am ehesten zu, das zutiefst gespaltene Land zu einen? Wer hält die Wirtschaft auf dem Erholungspfad? Wer bietet der radikal-islamischen IS-Miliz die Stirn, ohne die USA in einen Krieg wie in Afghanistan zu verstricken?

Für Demokraten wie Republikaner gilt: Das Abschneiden in den ersten Vorwahlen setzt den Ton. Mit einer Vorentscheidung insbesondere bei den Republikanern ist wohl frühestens Anfang März zu rechnen, wenn binnen einer Woche in mehr als 20 Bundesstaaten gewählt wird. Dann dürfte auch feststehen, ob ein Unabhängiger in das Geschehen eingreift, dem seit Jahren Ambitionen auf die Präsidentschaft nachgesagt werden: Michael Bloomberg. New Yorks Ex-Bürgermeister werden durchaus Chancen eingeräumt – wenn er die Mitte der Bevölkerung erreicht. Und das dürfte mitentscheiden, wer 45. Präsident der USA wird.

Die Bewerber für die US-Präsidentenwahl:

REPUBLIKANER:

Jeb Bush (62), Ex-Gouverneur von Florida, will nach seinem Vater George Bush und seinem Bruder George W. Bush der dritte Präsident aus seiner Familie werden. Gilt bei Themen wie Einwanderung und Bildung als moderat, was ihm konservative Republikaner übelnehmen könnten.

Ben Carson (64), ehemaliger Neurochirurg. Wirbt mit seinem Status als Quereinsteiger und politischer Neuling. Einziger schwarzer Kandidat bei beiden Parteien.

Chris Christie (53), Gouverneur von New Jersey. Gilt als bürgernaher Bewerber, der die Dinge beim Namen nennt. .

Ted Cruz (45), Senator aus Texas. Der Harvard-Absolvent ist ein Liebling der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung und wendet sich ausdrücklich an christliche Wähler. Er kam als Sohn eines kubanischen Einwanderers und einer US-Bürgerin in Kanada zur Welt.

Carly Fiorina (61), ehemalige Chefin von Hewlett-Packard. Wirbt mit ihrer Wirtschaftserfahrung, scheiterte im Rennen um einen Sitz im Senat.

Mike Huckabee (60), ehemaliger Gouverneur von Arkansas. Scheiterte 2008 mit einer Bewerbung, trat 2012 nicht an. Beliebt bei tiefgläubigen Wählern, Fokus auf Arbeiterschicht.

John Kasich (63), ehemaliger Investmentbanker bei Lehman Brothers und Gouverneur von Ohio. Verfügt über langjährige Erfahrung in der Politik und wird wie Bush als Kandidat der politischen Elite gehandelt.

Rand Paul (53), ehemaliger Augenarzt und Senator aus Kentucky. Kritisiert Republikaner wie Demokraten für ihre Haltung bei Bürgerrechten und der Staatsverschuldung.

Marco Rubio (44), Senator aus Florida. Wurde mit dem Aufkommen der Tea-Party-Bewegung gewählt, machte sich aber mit seiner Unterstützung einer gescheiterten Einwanderungsreform bei den Konservativen unbeliebt.

Rick Santorum (57), ehemaliger Senator aus Philadelphia. Scheiterte 2012 mit seiner Bewerbung. Der gläubige Katholik hat starken Rückhalt bei rechtsgerichteten Christen, betont im Wahlkampf Wirtschaftsfragen.
Donald Trump (69), milliardenschwerer Immobilien-Magnat. Durch seine TV-Auftritte landesweit bekannt und durch sein Vermögen von Spenden unabhängig.

DEMOKRATEN:

Hillary Clinton (68), ehemalige Außenministerin und Senatorin aus New York. Vertraut mit dem Weißen Haus aus ihrer Zeit als First Lady neben Präsident Bill Clinton.

Martin O’Malley (53), ehemaliger Gouverneur von Maryland. Machte sich zuvor als Bürgermeister von Baltimore einen Namen.

Bernie Sanders (74), parteiloser Senator aus Vermont, der sich selbst als demokratischer Sozialist beschreibt. Kämpft gegen die ungleiche Verteilung von Reichtum.