Juncker: Sarkozy konnte nur „mäßig“ beruhigt werden

Juncker: Sarkozy konnte nur „mäßig“ beruhigt werden

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Das EU-Gipfeltreffen am Donnerstag beschäftigte sich eigentlich mit den großen Linien der europäischen Außenpolitik und den Beziehungen zu den strategischen Partnern der EU. Im Mittelpunkt des Medieninteresses standen jedoch die Auseinandersetzung um die französische Roma-Politik und die jüngsten Aussagen von EU-Justizkommissarin Viviane Reding.

Guy Kemp

„Dieses Gipfeltreffen hätten wir uns sparen können“, sagte Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker nach den Gesprächen im Justus-Lipsius-Gebäude und überließ es Außenminister Jean Asselborn, die nötigen Erklärungen über die außenpolitischen Diskussionen und Schlussfolgerungen der 27 zu geben.

Dieser hatte jedoch, außer einem Appell an Israel, das Moratorium über den Siedlungsausbau zu verlängern, gegenüber dem, was vor einigen Tagen bereits gesagt wurde, kaum Neues hinzuzufügen.

Juncker selbst gab noch einige Erklärungen zum Fortgang der Gespräche in der vom Präsidenten des Europäischen Rates Herman Van Rompuy geleiteten Task Force, die sich mit der wirtschaftlichen Governance und einer Reform der Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes beschäftigt. Um dann zu der nicht zur Tagesordnung gehörenden Roma-Frage zu kommen, in die Luxemburg unglücklicherweise auf der Ebene der Polemik verwickelt wurde.

Verbaler Schlagabtausch

Offenbar kam es während der Gespräche der 27 zu diesem Thema zwischen dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und dem EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso zu einem offenen verbalen Schlagabtausch, den Juncker als „mâle et viril“ bezeichnete. Sarkozy sei „sehr wütend“ über die Aussagen von Viviane Reding gewesen, berichtete der luxemburgische Premierminister. Ein längeres Gespräch zwischen ihm und dem französischen Präsidenten am Vortag sowie eine klärende Mitteilung von Viviane Reding hätten Sarkozy „nur mäßig beruhigt“.

Juncker selbst bezeichnete die Aussagen von Reding als „inadäquat“ und „exzessiv“. Für ihn gäbe es nichts, auch nicht die Vorgänge in Frankreich, die mit dem Holocaust gleichgesetzt werden könnten, sagte Juncker.

Viviane Reding hatte im Zusammenhang mit den offenbar gezielten Abschiebungen von Roma aus Frankreich erklärt, sie habe nicht geglaubt, dass Europa nach dem Zweiten Weltkrieg noch einmal Zeuge einer solchen Situation werde.

Nicolas Sarkozy betonte während seiner Pressekonferenz mehrmals, dass alle vertretenen Staats- und Regierungschefs sich ihm gegenüber schockiert über die Äußerungen Redings gezeigt hätten.

Juncker äußerte sich jedoch zufrieden darüber, dass die EU-Justizkommissarin am Mittwoch in einer Mitteilung die unterschiedlichen Interpretationen ihrer Aussage geklärt und dem ein Ende gesetzt habe.

Er betonte jedoch, dass die EU-Kommission durchaus das „Recht und die Aufgabe“ habe, zu kontrollieren, wie die französische Regierung in der Roma-Frage vorgehe. Man müsse nun abwarten, welche Schlussfolgerungen die Kommission aus den Erklärungen der französischen Behörden ziehen werde.

Mangelhafter Kenntnisstand

Er habe dem französischen Präsidenten jedoch auch deutlich gemacht, dass er es nicht akzeptieren könne, wenn französische Minister „argumentativ und nicht das erste Mal gegen Luxemburg vorgehen“, nachdem die luxemburgische EU-Kommissarin etwas gesagt hat, so Juncker weiter. Es gehe nicht an, Parallelen zwischen einem EU-Kommissar und dessen Herkunftsland zu ziehen.

Was die Aufnahme von Roma in Luxemburg anbelange, erklärte der Premier, dass es solche bereits in Luxemburg gebe. Zudem rief er in Erinnerung, dass Luxemburg im ersten Halbjahr 1999 „in absoluten Zahlen mehr Kosovo-Flüchtlinge aufgenommen hat als Frankreich“.

Weiter wundere er sich über den Kenntnisstand französischer Minister über die EU-Verträge, nachdem einer von ihnen behauptet habe, Frankreich würde die Einhaltung der Europäischen
Verträge überwachen, wo dies doch die Aufgabe der Europäischen Kommission sei.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso seinerseits bekräftigte dies während einer Pressekonferenz und erklärte, dass die EU-Kommission die Hüterin der Verträge sei und Diskriminierungen in der EU nicht akzeptabel seien. Er räumte ein, dass es Übertreibungen gegeben habe, doch hätte sich Reding entschuldigt. „Ich wünschte sehr, dass andere das Gleiche täten“, so Barroso. Im Übrigen wolle er keine Kontroversen schüren, sondern an Inhalten arbeiten.

Das Thema der Roma soll nun während eines der kommenden Gipfeltreffen auf der Tagesordnung stehen.