Geldschwemme gegen den Preisverfall

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Japan will mit einer uferlosen Geldschwemme den jahrelangen Preisverfall ersticken. Die Zentralbank gibt dem Druck der Regierung nach. Jetzt muss Premier Abe zeigen, dass er es mit Strukturreformen ernst meint. Sonst droht eine brandgefährliche Staatsschuldenkrise.

Mit einem beispiellosen Gewaltakt will sich Japan aus dem Würgegriff der Deflation befreien. Musste sich die Notenbank des Landes jahrelang den Vorwurf anhören, nicht genug zur Überwindung des Preisverfalls zu tun, der der rezessionsgeplagten Wirtschaft wie ein Klotz am Bein hängt, so hat sie jetzt im Schwitzkasten der neuen Regierung von Ministerpräsident Shinzo Abe einen beachtlichen Schritt nach vorn unternommen: Ungeachtet der gigantischen Staatsverschuldung öffnet sie nach amerikanischem Vorbild ihre geldpolitischen Schleusen nicht nur noch weiter, sondern auf unbegrenzte Zeit – bis der schleichende Preisverfall sich umkehrt und – so angestrebt – einer wachsenden Wirtschaft gewichen ist. Ein erster Triumph für Abe, der nach seinem Comeback als Premier vor einem Monat zeigen will, dass er einen echten Kurswechsel bewirken kann. Ob er Erfolg haben wird, hängt aber entscheidend von seiner Bereitschaft zu Reformen ab.

Es ist das erste Mal seit mehr als neun Jahren, dass die Bank of Japan (BoJ) in zwei aufeinanderfolgenden Sitzungen eine Ausweitung ihrer ohnehin schon expansiven Geldpolitik beschloss. Die BoJ gab dem vehementen Druck des neuen Premiers nach und verdoppelte ihr Inflationsziel auf 2 Prozent, ohne allerdings ein präzises Datum zu nennen, es heißt lediglich sobald wie möglich. Das allein wäre jedoch nicht so bedeutend, denn schon die bisherige Zielmarke von einem Prozent ist schwer zu erreichen.

Wertpapiere werden unbefristet gekauft

Zugleich beschloss die BoJ jedoch, künftig Staatsanleihen und andere Wertpapiere fortan unbefristet zu kaufen. Ab Januar kommenden Jahres wollen die Währungshüter monatlich Wertpapiere für 13 Billionen Yen (rund 109 Mrd Euro) erwerben – eine Methode, wie sie ähnlich auch die Kollegen in den USA anwenden.

Doch es gibt auch Skepsis und sogar ernste Sorgen darüber, wie Japan versucht, ungeachtet einer Rekordverschuldung von 235 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung mit einer uferlosen Geldschwemme die Krise zu bewältigen. „Mir macht ziemlich viel Sorge, was die neue Politik der neu gewählten japanischen Regierung ist“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble neulich in Berlin. Es gebe ein Übermaß an Liquidität an den globalen Finanzmärkten. Dies werde durch falsches Verständnis von Notenbank-Politik weiter geschürt.

Strukturreformen

Die Regierung muss jetzt beweisen, dass sie es mit den im Gegenzug versprochenen Strukturreformen erst meint. Doch daran hatte es Abes Liberaldemokraktische Partei schon früher missen lassen. Ohne Deregulierungen zur Steigerung der Profitabilität kann es jedoch kein nachhaltiges Wirtschaftswachstum geben. „Sollte sich herausstellen, dass die Geldpolitik nur genutzt wird, um die unhaltbar verschuldete Regierung zu finanzieren, droht ein sehr riskanter Inflationsschub“, warnt Martin Schulz, Ökonom beim Fujitsu Research Institute in Tokio.

Bisher wird der größte Teil der Staatsschulden in Form von Anleihen von der eigenen Bevölkerung finanziert. Abgesehen von den Folgen der rapiden Überalterung der Bevölkerung könnte die Krise in Japan zu einem Vertrauensverlust unter den Anlegern führen. Sollten diese ihre Nachfrage nach Staatsanleihen reduzieren, würde ein Anstieg der Zinsen drohen, wodurch der Schuldendienst für die Regierung ähnlich wie in Griechenland praktisch untragbar würde.

Eine solche Situation ist in Japan jedoch bis auf weiteres unwahrscheinlich, da zunächst die Zentralbank – wie sie heute bereits demonstriert hat – einspringen würde und mehr Staatsanleihen kaufen müsste. Damit käme vor einer denkbaren Finanzkrise zunächst das Gespenst einer zerstörerischen Inflation. Davon ist Japan bei einer gegenwärtigen Deflation von einem Prozent aber heute noch weit entfernt. Das weitere Vorgehen wird entscheidend sein.