Franzosen wieder an den Urnen

Franzosen wieder an den Urnen
(Michel Spingler)

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In Frankreich hat am Sonntagmorgen die zweite Runde der politisch bedeutsamen Regionalwahlen begonnen.

Einen Monat nach den Anschlägen von Paris sind rund 45 Millionen Franzosen landesweit zur Stimmabgabe aufgerufen, um die Parlamente der 13 Regionen neu zu wählen. Mit besonderer Spannung wird erwartet, ob die rechtsextreme Front National (FN) erstmals in ihrer Geschichte eine Region erobern kann. Die Partei von Marine Le Pen war im ersten Wahlgang vor einer Woche mit landesweit 28 Prozent stärkste Kraft geworden und in sechs der 13 Regionen vorne gelandet.

Allerdings dürften in der zweiten Runde in den meisten Regionen Kandidaten des konservativ-bürgerlichen Lagers um den früheren Staatschef Nicolas Sarkozy oder der Sozialisten von Präsident François Hollande das Rennen machen. Erste Hochrechnungen werden für 20.00 Uhr erwartet. Die Regionalwahlen sind der letzte große Urnengang vor den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2017 und gelten deswegen als wichtiges Stimmungsbarometer.

Rückzug der Sozialisten

Viele Franzosen machen Hollande und seine Sozialisten für die Rekordarbeitslosigkeit und die Wirtschaftskrise verantwortlich. Dass die Beliebtheitswerte des Präsidenten nach den Anschlägen vom 13. November sprunghaft anstiegen, hat der Partei in der ersten Runde der Regionalwahlen nicht genutzt. Die FN-Vorsitzende Le Pen tritt in der nordfranzösischen Region Nord-Pas-de-Calais-Picardie als Spitzenkandidatin ihrer Partei an. In der ersten Runde vor einer Woche kam sie auf knapp 41 Prozent und landete damit weit vor ihren Konkurrenten auf dem ersten Platz.

Allerdings zogen die Sozialisten ihre Liste für den zweiten Wahlgang zurück, um einen Le-Pen-Sieg zu verhindern, und riefen ihre Wähler auf, den konservativen Kandidaten Xavier Bertrand zu wählen. Umfragen zufolge könnte dieser sich in der Stichwahl gegen Le Pen durchsetzen. Ähnliches spielte sich in der südfranzösischen Region Provence-Alpes-Côte d’Azur ab, wo Le Pens 26-jährige Nichte Marion Maréchal-Le Pen ebenfalls mit knapp 41 Prozent weit vorne landete.

Zwei FN-Siege wahrscheinlich

Weil sich die Sozialisten auch hier zurückzogen, könnte der konservative Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, Maréchal-Le Pen Umfragen zufolge knapp schlagen. Meinungsforscher gehen trotzdem davon aus, dass die Front National mindestens eine Region gewinnen wird. Chancen hat sie etwa in der ostfranzösischen Grenzregion Elsass-Champagne-Ardenne-Lothringen, in der der FN-Vize Florian Philippot als Spitzenkandidat antritt.

Ein FN-Sieg ist auch in der Region Burgund-Franche-Comté möglich. Das konservativ-bürgerliche Lager könnte Meinungsforschern zufolge zwischen fünf und sieben Regionen gewinnen. Die Sozialisten könnten bis zu fünf Regionen gewinnen. Für die Regierungspartei, die im ersten Wahlgang nur auf 23,1 Prozent gekommen war und in drei Regionen vorne lag, wäre das verglichen mit den schlechten Prognosen ein Erfolg.