Frankreichs Sozialisten irritieren deutsche CDU

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Am Mittwoch sollen in Frankreich die Sozialisten über den Leitantrag zu ihrem Kongress im Juni in Poitiers abstimmen. Ärger liegt schon in der Luft.

Irritation in Berlin, Ärger bei der CDU/CSU in Brüssel und ein EU-Kommissar, der in politisches Zwielicht gerät. Das ist die Situation zwei Tage vor der Abstimmung darüber, welcher Antrag zukünftig die Politik der sozialistischen Partei bestimmen soll.

Die Tendenz des Ergebnisses scheint klar: Der Leitantrag wird bei über 50 Prozent der Mitglieder Zustimmung, der Antrag der linken Gegner etwa 30 Prozent der Mitglieder-Stimmen erhalten und ein Kompromiss-Antrag etwa 15 Prozent.

Der Leitantrag aber, der von der Parteiführung und der Regierung gestützt wird, sorgt international und besonders in Berlin bereits vor der Abstimmung für Irritation. In Kreisen der CDU/CSU Gruppe im europäischen Parlament gibt es offene Kritik und Protest.

Schulden sollen verteilt werden

Der Antrag der Sozialisten stellt offen europäische Regeln zur Disposition. So verlangt er, dass die Schulden der Länder, die die Stabilitätsgrenze von 60 Prozent überschreiten, europäisiert werden, sprich auf alle Länder verteilt werden. Auf diese Schulden soll dann ein staatlich festgesetzter Zinssatz erhoben werden. Die Sozialisten gehen damit zwei Jahre zurück, als der frisch gewählte Staatspräsident François Hollande mit seiner Forderung, den Stabilitätspakt neu zu verhandeln, in Europa eine Krise auslöste. Letztlich unterzeichnete und ratifizierte Frankreich den Stabiltätspakt.

Ein anderes Problem, das das deutsch-französische Verhältnis einmal mehr in eine Irritation führen könnte, ist die Forderung nach einem Machtkampf. So soll die französische sozialistische Partei sich verstärkt mit den europäischen Konservativen – insbesondere die deutsche CDU/CSU – auseinandersetzen, fordert der Leitantrag von Parteispitze und Regierung. Das erinnert an ein Papier zu Beginn der Regierungszeit von Staatspräsident Hollande. Da hatte die Partei unter Führung des heutigen Parteichefs Jean-Christophe Cambadelis sich mit der deutschen Europapolitik auseinandergesetzt und dabei Bundeskanzlerin Angela Merkel scharf angegriffen. Der – erneut von Cambadelis – ausgearbeitete Leitantrag nimmt die damalige Forderung nach einem Machtkampf in milderer Form wieder auf. Der vor drei Jahren entworfene Text war vom damaligen Premierminister Jean-Marc Ayrault kassiert worden.

Ärger um die Unterzeichner

Größeren Ärger bereitet jedoch ein Unterzeichner dieses Leitantrages. Nicht nur der französische Premierminister Manuel Valls hat ihn unterzeichnet, sondern auch der EU-Kommissar Pierre Moscovici. Der EU-Abgeordnete der CDU, Herbert Reul, kritisiert diese Unterschrift deutlich. „Herr Moscivici darf als EU-Kommissar nicht zum Kampf gegen eine politische Partei in Europa aufrufen“. Er dürfe sich auch nicht in ein nationales politisches Spiel einmischen, so Reul, der die gebotene Neutralität Moscovicis bezweifelt.

Der EU-Kommissar aus Frankreich war zuvor Finanzminister und hatte die Verletzung der drei Prozent-Defizit-Klausel gegenüber der früheren EU-Kommission rechtfertigen müssen. In Berlin hatte es deutliche Bedenken gegen ihn gegeben. Es gab Zweifel, dass er die europäischen Regeln durchsetzen und sich neutral verhalten werde. Die Bundesregierung hatte ihren Widerstand erst aufgegeben, als Staatspräsident Hollande ihr die politische Neutralität Moscovicis zugesichert hatte. Genau diese Zusicherung sieht der CDU-Abgeordnete in Brüssel nun verletzt.