France/Kampf unter Genossinnen geht weiter

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Die französischen Sozialisten bleiben unversöhnt. Da Parteichefin Martine Aubry keine Kompromisse gemacht hat, wollen Ségolène Royals Anhänger mit „Guerilla-Taktik“ ihren Kampf um eine Erneuerung fortsetzen. Von unserem Korrespondenten Rudolf Balmer, Paris

Martine Aubry, die neue Parteichefin der französischen Sozialisten, hat am Samstag in Paris ihr Führungsteam vorgestellt. Nicht vertreten sind darin die Anhänger ihrer unterlegenen Rivalin Ségolène Royal. Da Aubry ihre Forderungen angeblich nicht berücksichtigt habe, lehnen sie eine Mitarbeit ab. Damit blieb im „Parti Socialiste“ (PS) trotz intensiver Verhandlungen die von allen offiziell gewünschte Aussöhnung aus.
Die neue Parteichefin hatte ihrer internen Gegnerin zwar öffentlich eine Zusammenarbeit angeboten. Sie bestätigte aber ihren Ruf als knallharte Politikerin: Sie verhielt sich bei den Diskussionen um die Zusammensetzung der neuen Leitung und des Arbeitsprogramms des PS kompromisslos, als gelte es, von Beginn weg ihre Autorität zu untermauern.
Sie weigerte sich, Royal als Trostpreis den Vorsitz der Föderation der PS-Parlamentarier zu überlassen oder einen prominenten Vertreter aus dem Lager der „Royalisten“ als Nummer zwei der Partei zu akzeptieren. Diese beschlossen postwendend, sich in eine interne Opposition zurückzuziehen und von der Basis her in „Guerilla-Taktik“ ihren Kampf um eine Erneuerung und Modernisierung des PS gemäß ihren Vorstellungen fortzusetzen.
Royals Wortführer Vincent Peillon sprach mit Bedauern von einem „Fehlstart“ des Aubry-Teams. Zu diesem Machtkampf ohne Bandagen gab in Lyon die Zeitung Le Progrès zu bedenken: „Wir hatten gemeint, feminisierte Politik werde sanfter, ernsthafter und mehr auf langfristige Ziele als auf Hahnenkämpfe orientiert sein. Doch mit Martine und Ségolène ist es wie (früher) mit François und Michel (Mitterrand und Rocard) oder Lionel und Laurent (Jospin und Fabius) – derselbe Streit von Egos um die Frage, wer der Hahn ist im Hühnerhof. Aber vielleicht ist auch das die Gleichheit Mann-Frau in der Politik.“

Parteiführung verjüngt

Die neue Parteiführung ist wesentlich verjüngt. Aubry wird von einem Quartett von „vier Musketieren“ in den Vierzigern assistiert. Es umfasst den für seine Attacken auf das Schweizer Bankgeheimnis bekannten Arnaud Montebourg, sodann Aubrys „rechte Hand“, François Lamy, sowie einen Getreuen des Pariser Bürgermeisters Delanoë, Harlem Désir, und schließlich den Linkssozialisten Benoît Hamon, der die wichtige Rolle des Parteisprechers übernimmt.
Im 38-köpfigen Nationalen Sekretariat des PS, das eine Art „Schattenministerkabinett“ der Opposition darstellen soll, wurden die Posten zwischen den politischen Flügeln von Aubry, Delanoë und Hamon verteilt. Diese drei Tendenzen der Mehrheit haben womöglich untereinander schon genügend Meinungsverschiedenheiten und waren nicht gewillt, sich auch noch mit Royals auf Revanche sinnenden Genossen zu einigen.