Europa spannt Rettungsschirm über Irland

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Irland hat die EU um Hilfe gebeten. Die EU-Finanzminister begrüßten am Sonntagabend den Hilfsantrag.

Die EU-Finanzminister haben am Sonntag  einen Antrag Irlands auf Hilfen des europäischen Rettungsschirmes begrüßt. Über den Umfang wird nach Verhandlungen über das Paket von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds entschieden. Die Rede ging am Sonntagabend von einem Hilfspaket in Höhe von 80 bis 90 Milliarden Euro.

Die Hilfen seien für die finanzielle Stabilität in Europa wichtig. Die finanzielle Unterstützung wird aus den europäischen Finanzstabilisierungsinstrumenten finanziert. Nicht ausgeschlossen werden auch bilaterale Anleihen, heißt es in einer Mitteilung der Eurogruppe und der EU-Finanzminister. Schweden und Großbritannien hätten bereits ihre Bereitschaft dazu erklärt.

Die Hilfe ist an ein Programm von steuerlichen Anpassungen und Strukturreformen geknüpft, das zwischen irischer Regierung, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds ausgehandelt wird, heißt es seitens der EU-Finanzminister.

Unter 100 Milliarden Euro

Irlands Finanzminister Brian Lenihan hatte am Sonntag nach langem Zögern eine Hilfsanfrage angekündigt, die bei unter 100 Milliarden Euro liegen soll.

Der Großteil davon soll zur Rettung der Banken genutzt werden. Details und Bedingungen zur Gewährung der Hilfen müssen aber noch geklärt werden. Eine Anhebung der Unternehmenssteuern – dessen niedriger Satz zahlreiche Firmen auf die Insel gelockt hat und der anderen EU-Ländern damit ein Dorn im Auge ist – schloss der Minister aus. Es zeichnet sich aber ab, dass sich die Bürger in Irland auf drastische Kürzungen im Sozialbereich gefasst machen müssen.

Die Regierung wolle den Rotstift unter anderem bei Zuwendungen an Kinder, Mindestlöhnen und beim Arbeitslosengeld ansetzen, berichteten irische Medien. Bis 2014 sollten 15 Milliarden Euro eingespart werden.

„Nicht im dreistelligen Milliarden-Bereich“

Finanzminister Lenihan sagte, die Summe, um die Irland bitten werde, liege nicht im dreistelligen Milliarden-Bereich. Ohne den genauen Betrag zu nennen, erklärte er, für die Banken wolle Irland für den Notfall „mehrere zehn Milliarden Euro“ in der Hinterhand haben. Hinzu könne noch Geld für den Staatshaushalt kommen. Irland habe sich 19 Milliarden Euro geborgt. Falls das Land am Finanzmarkt keine Kredite mehr aufnehmen könne, wäre noch „eine gewisse Summe“ notwendig, um das Loch zu füllen.

In Medienberichten war zuvor über eine höhere Summe spekuliert worden. Reuters hatte aus Kreisen der Euro-Zone indes erfahren, es gehe wohl um 45 bis 90 Milliarden Euro – je nachdem, ob auch Hilfen für die Banken beantragt würden.  Das Land steuert 2010 auf ein Haushaltsdefizit von 32 Prozent zu, weil der Staat die in Schieflage geratenen Geldhäuser stützen muss.

Die Regierung um Ministerpräsident Brian Cowen wurde von irischen Medien der Lüge bezichtigt und zum Rücktritt aufgefordert. Sie hatte bestritten, in Gesprächen mit EU und IWF zu sein, obwohl informelle Diskussionen dazu längst liefen. „Ihr habt gelogen. Ihr habt uns enttäuscht. Tretet zurück“, titelte etwa die Zeitung „Sunday Independent“ unter einem Foto aller Kabinettsmitglieder. Kommentatoren wiesen darauf hin, die Gewerkschaften hätten vor Unruhen in der Bevölkerung gewarnt.

Kritik aus der Regierungspartei

Schon Griechenland hatte Mitte 2010 für Hilfen von EU und IWF seinen Bürgern drastische Einsparungen und Kürzungen zumuten müssen. Seitdem kommt es immer wieder zu Protesten. Unmut kam auch aus den Reihen der Regierungspartei Fianna Fail. „Das Handeln und die Äußerungen der Regierung in den vergangenen zehn Tagen haben das Vertrauen der Bürger fundamental beschädigt“, schrieb etwa der ehemalige Verteidigungsminister Willie O’Dea in der Zeitung.  Der Abgeordnete John McGuinness forderte den Rücktritt Cowens. Es müsse Neuwahlen geben, auch wenn Fianna Fail dabei die Macht verliere. In Umfragen kommt die Partei auf nur noch 17 Prozent der Stimmen. Damit verlöre sie die Hälfte ihrer Sitze im Parlament. Sollte die Regierung die aktuelle Krise überstehen, gehen Beobachter von Neuwahlen spätestens im Frühjahr 2011 aus.

Reuters/afp/tageblatt.lu