EU und USA nehmen einen neuen Anlauf

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Als letzten Termin seiner Europareise nahm US-Präsident Barack Obama an einem EU-USA-Gipfeltreffen in Prag teil, an dem ausnahmsweise alle EU-Staats- und Regierungschefs beteiligt waren. Von unserem Redakteur Guy Kemp, Prag

Gipfelstürmer Barack Obama legte gestern damit nach dem G20- und NATO-Gipfel seinen letzten Aufstieg hin, als er mit den 27 EU-Staats- und Regierungschef in der tschechischen Hauptstadt zusammenkam. Das Gipfeltreffen bewegte sich jedoch weitgehend im Schatten des Auftritts von Barack Obama vor der Prager Burg, wo er konkrete Schritte für seine Vision einer atomwaffenfreien Welt vorstellte.
Beachtenswerte Entscheidungen wurden beim EU-USA-Gipfel zwar keine getroffen. Dennoch wurde dem Treffen vonseiten der EU-Spitze große Bedeutung zugemessen. Für den amtierenden EU-Ratspräsidenten Mirek Topolanek galt denn auch mehr das Symbolische dieses Gipfels, mit dem verdeutlicht werden sollte, dass die Beziehungen zwischen den Europäern und den USA wieder auf eine andere Ebene gehoben werden. Immerhin würden beide die gleichen Ansichten über die globalen Herausforderungen teilen, sei es bei der Wirtschaftskrise, dem Klimawandel oder den Fragen der internationalen Sicherheit. Dies machte etwa die gemeinsame Erklärung zum Abschuss einer nordkoreanischen Rakete deutlich.
Barack Obama unterstrich vor den 27 die Bedeutung der Europäischen Union. Es sei wesentlich, dass die USA und die EU gemeinsam an neuen Beziehungen mit Moskau arbeiteten und „den Ton gegenüber Russland ändern“ sowie einen direkten und ehrlichen Dialog mit dem Land führen.

Unterstützungfür Türkei-Beitritt

Obama erklärte weiter, dass er einen direkten Kontakt mit dem Iran anstrebe, er aber weiterhin besorgt sei über das iranische Nuklearprogramm und die Unterstützung, die das Mullah-Regime Terroristen zukommen ließe.
Obama sprach sich ebenfalls für eine EU-Mitgliedschaft der Türkei aus. Dies sei insbesondere auch für die Beziehungen mit den muslimischen Ländern von großer Bedeutung, meinte der US-Präsident. Die Türken hatten gleich einige Stunden später Gelegenheit, ihm für seinen Einsatz zu ihren Gunsten zu danken. Denn nach einer an den Gipfel anschließenden Unterredung mit dem ehemaligen tschechischen Präsidenten Vaclav Havel flog Obama weiter in die Türkei.

Juncker: USA verlangen mehr von EU

Auf Seiten der EU war es der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker, der dem US-Präsidenten den Zustand der EU beschrieb und dabei auf den symbolischen Charakter des Tagungsortes einging. Prag stehe als Symbolstadt für die europäische Nachkriegsgeschichte und dafür wie sich die Europäer nach dem Fall der Mauer auf unkomplizierte Weise die Hand reichen konnten. Juncker forderte von den USA, als gleichberechtigter Partner sowohl in außenpolitischen als auch in wirtschaftlichen Belangen angesehen zu werden.
Dieser Forderung wollten die USA durchaus nachkommen, sagte uns Juncker. Washington würde darauf bestehen, dass die Europäer mehr Verantwortung in der Welt übernehmen würden, wozu sie auch ihre militärischen Mitteln stärken müssten. Einen „großen Schritt“ seien die USA in Sachen Klimaschutz im Vorfeld der Weltklimakonferenz in Kopenhagen im Dezember auf die EU zugegangen, erklärte Juncker weiter. Er habe im Übrigen den US-Präsidenten als einen „bescheidenen Menschen“ erlebt, der mit jedem rede, unabhängig von der Größe des Landes und dessen Bevölkerungszahl. Dabei habe er feststellen können, dass Obama „erstaunlich viel über Luxemburg weiß“, meinte der Premier anerkennend.

Asselborn: USA nicht mehr auf Konfrontationskurs mit Russland

Die 27 Außenminister hatten mit ihrer Amtskollegin Hillary Clinton ihr eigenes Programm. Dabei seien neben den US-Plänen zu Afghanistan, die von den 27 unterstützt werden, u.a. der Balkan angesprochen worden. Er habe den Eindruck, dass die Europäer darauf warteten, dass die USA hier stimulierend einwirken müssten, damit sich die EU mehr einsetzt, sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn.
Clinton habe gefordert, dass für die Balkanländer die europäische Perspektive weiterhin offen bleiben müsse.
Asselborn zeigte sich zufrieden darüber, dass die USA nicht mehr auf Konfrontationskurs mit Russland lägen, auch wenn die Beziehungen weiter schwierig seien. Er habe zudem den Eindruck, als habe die US-Seite mehr Gefühl dafür entwickelt, den osteuropäischen Staaten die Angst vor Russland zu nehmen.
In der Ministerrunde riet er davor ab, eine Rollenteilung im Nahen Osten zu praktizieren, wobei die USA sich um Israel und die EU sich um die Palästinenser zu kümmern hätten.
Syrien sollte stärker mit in die Suche nach einer Friedenslösung eingebunden werden. Dabei sollte Damaskus klar gemacht werden, dass es auch noch andere Interessen haben könnte als seine Beziehungen zum Iran.
Asselborn forderte zudem, dass die israelische Regierung Klarheit über ihre Haltung zur Zwei-StaatenLösung und zum Friedensprozess schafft, andernfalls den Interessen der internationalen Gemeinschaft in der Region entgegengewirkt werde.