/ EU-Staaten wollen Griechenland nicht allein helfen
Von unserem Redakteur Guy Kemp, Brüssel
Bereits am Nachmittag kamen der französische Präsident Nicolas Sarkozy, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, der griechische Regierungschef Georgios Papandreou und der Präsident des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, zu Gesprächen über die Hilfe an Griechenland zusammen. Dabei einigten sich die vier auf einen Notfall-Plan, der auch den Internationalen Währungsfonds mit einbeziehen soll.
Griechenland erhalte demnach Hilfe, wenn es an den internationalen Kapitalmärkten nicht mehr genügend Kredite aufnehmen könnte. Die dabei zur Verfügung gestellten Kredite sollten zum Teil vom Internationalen Währungsfonds (IWF), zur „Mehrheit“ jedoch von den Staaten der Euro-Zone bereitgestellt werden, wie es in einem Entwurfpapier zur Einigung heißt. Bei den Hilfen der Euro-Länder sollte es sich um bilaterale Kredite handeln.
Die Notfall-Hilfe könnte in einem Verhältnis von einem Drittel an IWF- und zwei Dritteln an Euro-Staaten-Krediten liegen, wie uns von einem luxemburgischen Regierungssprecher erklärt wurde. Wobei der IWF höchstens etwa zehn Milliarden Euro beisteuern könnte. Noch vor dem abendlichen Arbeitsessen der 27 trafen sich die Euro-Staaten, um die Einigung gutzuheißen.
Damit hätte sich die deutsche Bundeskanzlerin mit ihrer umstrittenen und hartnäckigen Forderung, den IWF in die Rettung verschuldeter Euro-Staaten mit einzubeziehen, durchgesetzt. Der Rückgriff auf die Washingtoner Behörde traf allerdings im Vorfeld des EU-Gipfeltreffens nicht nur bei der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und einer Reihe von anderen EU-Staaten auf Ablehnung.
Bei ihrem traditionellen Treffen vor dem EU-Gipfel in Brüssel hätten sich sozialistische Regierungsmitglieder alles andere als begeistert über die Idee Merkels geäußert, sagte uns gegenüber der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. Er habe Bedenken gegen die Einbeziehung des IWF, sagte Asselborn, doch müsse man schlussendlich die deutsche Forderung wohl oder übel akzeptieren.
„Damit zeigen wir, dass der Euro nicht in der gleichen Liga spielt wie der Dollar oder der Yen“, ärgerte sich der luxemburgische Außenminister. „Hätten die Griechen beim EU-Gipfel am 11. Februar politische Unterstützung bekommen, dann hätten wir keine Probleme mehr mit den Spekulanten. Wenn jetzt keine klare Sprache gesprochen wird, wird Griechenland weiterhin Schwierigkeiten haben“, fuhr Asselborn fort, der sich von der deutschen Haltung enttäuscht zeigte. Manche Teilnehmer an dem Treffen der Sozialisten hätten immerhin darauf hingewiesen, dass die deutsche Wiedervereinigung auch nur durch Europa möglich gewesen sei.
Asselborn sprach sich dafür aus, ein System aufzubauen, „das den Spekulanten das Terrain entzieht“ und meinte, dass neben dem Stabilitäts- und Wachstumspakt auch die Möglichkeit geschaffen werden müsse, in Not geratenen Euro-Ländern zu helfen.
Strenge Bedingungen für Notfall-Hilfe
Wie es in dem Entwurf zur Notfall-Hilfe an Griechenland weiter heißt, soll die Auszahlung der bilateralen Kredite nur nach einem einstimmigen Beschluss der Euro-Staaten und unter „strengen Bedingungen“ erfolgen. Zudem bedürfe es einer „Bewertung durch die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank“. Die Euro-Länder sollten sich auf der Basis ihrer Kapitalbeteiligung an der EZB an den zu gewährenden Krediten beteiligen. Bei der Vergabe der Kredite dürfe es zudem nicht zu Zinssubventionen kommen, heißt es weiter in dem Entwurf.
Bisher hat Griechenland noch nicht um finanzielle Hilfe weder bei der EU noch beim IWF angefragt. Die griechische Regierung hat jedoch, wie von der EU gefordert, eine Reihe von Maßnahmen vorgelegt, mit denen das derzeitige Haushaltsdefizit von 12,7 Prozent um vier Prozentpunkte reduziert werden soll. Mit diesen Maßnahmen sollten die Finanzmärkte beruhigt werden. Auch ein von den Euro-Staaten bei ihrer letzten Tagung ausgearbeiteter Hilfe-Mechanismus hatte dieses Ziel.
Neben Griechenland wurde diese Woche auch die Kreditwürdigkeit Portugals von einer Rating-Agentur herabgestuft. Was wohl dazu führen wird, dass die Regierung in Lissabon, so wie derzeit die Griechen, demnächst ebenfalls höhere Zinsen als andere Euro-Staaten bei der Aufnahme neuer Kredite zu zahlen hat.
In dem Papier wird weiter eine stärkere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in der EU gefordert. In diesem Sinne sollte der Europäische Rat die Funktion einer europäischen Wirtschaftsregierung übernehmen. Diese sollte eine stärkere Rolle bei der Überwachung der Wirtschaft und der Definition der EU-Wachstumsstrategie erhalten. Erst am späten Abend konnten sich die 27 mit dem eigentlichen Thema ihres Gipfeltreffens, der künftigen Wirtschaftsstrategie EU2020, beschäftigen.
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