EU-Kommission empfiehlt Beitrittsverhandlungen mit Island

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Trotz des Streits über die Entschädigung von EU-Bürgern, die Geld bei der insolventen Internet-Bank Icesave angelegt hatten, hofft Erweiterungskommissar Stefan Füle auf einen Beginn der Beitrittsgespräche noch in diesem Jahr. Dazu bedarf es allerdings der Zustimmung aller 27 EU-Regierungen, auch der britischen und der niederländischen.

Die isländische Bevölkerung stimmt am 6. März in einem Referendum über die Zahlung von fast vier Milliarden Euro an Großbritannien und die Niederlande ab. Mit dem Geld will die isländische Regierung die beiden Länder dafür kompensieren, dass sie Entschädigungszahlungen an britische und niederländische Icesave-Kunden vorgestreckt haben.

Umfragen zufolge droht dieses Vorhaben bei der Volksabstimmung zu scheitern. EU-Erweiterungskommissar Füle zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass Island mit Großbritannien und den Niederlanden zu einer Einigung finden werde.

Die jüngsten Äußerungen beider Seiten zu dem Konflikt hätten ihn „ermutigt“, sagte der Tscheche. Zugleich betonte er, die Kommission werde streng darauf achten, dass das von der Finanzmarktkrise schwer gebeutelte Island alle EU-Vorschriften zur Finanzmarktregulierung genau umsetze.

Reformen im Fischereisektor nötig

Weite Teile des EU-Rechts wende Island als langjähriges Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) bereits an, erklärte Füle weiter. „Das bedeutet aber nicht, dass das Land jetzt schon reif für einen Beitritt ist“, fügte er hinzu.

Genau wie jeder andere Beitrittskandidat auch müsse Island den gesamten Rechtsbestand der EU, den sogenannten Acquis, umsetzen: „Auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft gibt es keine Abkürzung“.

Reformen seien vor allem im isländischen Fischereisektor erforderlich, erklärte der Erweiterungskommissar. In der von Füles Experten vorgelegten Analyse heißt es, Island müsse seine Gewässer für die Fischfangflotten anderer Mitgliedstaaten öffnen.

Bislang schottet der Inselstaat seine Hoheitsgewässer gegen ausländische Konkurrenz ab. Nur Schiffe von isländischen Staatsbürgern und Unternehmen dürfen dort auf Fischfang gehen. Die Zulassung ausländischer Fangflotten dürfte Island nicht leicht fallen, denn die Fischerei ist für den Kleinstaat von großer Bedeutung: Nach Angaben der EU-Kommission arbeiten rund 4.000 der 300.000 Isländer im Fischereisektor.

Die Branche erwirtschaftet einen Umsatz von rund 800 Millionen Euro im Jahr, das entspricht acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts von zehn Milliarden Euro im Jahr 2008.

Die EU-Kommission rief Island ferner dazu auf, die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken. Hier gebe es allerdings nur einen Kritikpunkt, stellte Füle klar: Die isländischen Richter würden vom Justizministerium ernannt. Der isländische Außenminister Ossur Skarphedinsson begrüßte die Stellungnahme aus Brüssel.

„Ich freue mich über das Vertrauen in Island, dass die EU-Kommission zum Ausdruck bringt“, erklärte Skarphedinsson in einer Pressemitteilung.
(apn)