EU: Keine Unterstützung für Stimmrechtsentzug

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Deutschland und Frankreich stoßen mit ihrem Ruf nach harten Strafen für Haushaltssünder in der EU auf breite Ablehnung. Wenige Tage vor dem entscheidenden EU-Gipfel stünden die beiden Länder mit ihrer Forderung nach einem Stimmrechtsentzug alleine da, heißt es am Montag nach einem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg.

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle räumte ein, dass es großen Widerstand gegen diese Form der Strafe gebe. Der deutsch-französische Plan einer Beteiligung privater Gläubiger an Krisenkosten finde dagegen viel Unterstützung.

Den Streit müssen die Staats- und Regierungschefs nun am Donnerstag in Brüssel lösen. Bundeskanzlerin Angela Merkel will erreichen, dass die EU-Staaten grundsätzlich zustimmen, bis März 2011 einen Entwurf für eine Änderung des EU-Vertrages zu erarbeiten. Die Gespräche müssten bis zu dem Gipfeltreffen nun mit Hochdruck weitergeführt werden, sagte Westerwelle.

Der belgische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Steven Vanackere äußerte sich skeptisch, dass dies gelingt. Deutschland und Frankreich wollen eine Änderung des EU-Vertrages durchsetzen, die den Stimmrechtsentzug sowie einen dauerhaften Mechanismus zur Krisenabwehr ermöglichen würde. Bei einer von den Teilnehmern als sehr intensiv beschriebenen Debatte hatten Westerwelle und der französische Europaminister Pierre Lellouche das Anliegen der beiden mächtigsten Staaten Europas verteidigt.

Deutsche Warnung vor den Folgen

 Die Folgen seien gefährlich, wenn der Euro jetzt nicht mit schärferen Regeln krisenfest gemacht werde, warnte Westerwelle. „Wenn uns nochmal passieren würde, was bei Griechenland passiert ist, dann kommt Europa aber ganz nah an den Abgrund.“ Die Bürger würden sich verzweifelt abwenden, wenn die Staaten nicht solide wirtschafteten und stattdessen der Steuerzahler die Zeche zahlen müsse. Siehe auch:
Serbien kommt EU-Beitritt ein kleines Stück näher

Ringen um schärferen EU-Stabi-Pakt geht in letzte Runde

Die 27 EU-Finanzminister hatten sich vergangene Woche auf eine Verschärfung des Strafverfahrens gegen Haushaltssünder im Stabilitätspakt geeinigt. Basis dafür war ein Kompromiss, den die Bundeskanzlerin und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy bei einem persönlichen Treffen im französischen Deauville ausgehandelt hatten. Dieser sieht auf Drängen Frankreichs mehr politischen Einfluss auf die Entscheidung über finanzielle Sanktionen vor als es die EU-Kommission wollte. Sarkozy versprach im Gegenzug, mit Merkel für eine EU-Vertragsänderung und damit weitere Strafmöglichkeiten zu kämpfen.

Der größere politische Einfluss erbost vor allem die Europäische Zentralbank, die für einen stabilen Euro sorgen muss. „Wir sind mit den Vorschlägen zur Reform des Stabilitätspakts in mehreren Punkten nicht einverstanden“, kritisierte Bundesbank-Chef Axel Weber in Stuttgart.

EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark forderte frühzeitige Sanktionen und die Überwachung des Paktes durch ein unabhängiges Gremium. „Solange Europas potenzielle Sünder weiter seine tatsächlichen Sünden beurteilen, wird der Gruppendruck nicht funktionieren“, schrieb er in der „Financial Times Deutschland“.

Nicht die Büchse der Pandora öffnen

Die große Mehrheit der EU-Staaten lehnt es ab, nach jahrelangen Verhandlungen und der schwierigen Ratifizierung des EU-Vertrages von Lissabon erneut „die Büchse der Pandora“ zu öffnen, wie Spindelegger sagte. Mitten in der Wirtschaftskrise sei dafür nicht der richtige Zeitpunkt, mahnte die neue spanische Außenministerin Trinidad Jimenez.

Ihr Luxemburger Kollege Jean Asselborn machte deutlich, dass sich in der Frage kleine Länder von den beiden größten EU-Staaten erpresst fühlten. Einen Stimmrechtsentzug als Strafe nannte er eine Erniedrigung.

Viele Staaten hätten jedoch das „Kernanliegen“ Deutschlands und Frankreichs befürwortet, private Anleger an der Rettung hochverschuldeter Staaten zu beteiligen, sagte Westerwelle. „Es kann niemand davonkommen, ohne die Lasten zu tragen, wenn er gegen Regierungen in Europa spekuliert und wettet.“ Er sei vorsichtig zuversichtlich, dass dieses Prinzip durchsetzbar sei, sagte Westerwelle.

Deutschland will Anleihegläubiger über verschiedene Instrumente zur Kasse bitten, wenn einem Land die Zahlungsunfähigkeit droht – seien es Zinsstundungen oder ein Verzicht auf einen Teil der Rückzahlung.

Reuters