/ EP-Abgeordnete uneins über Informationsfreiheit
Den italienischen Ministerpräsidenten und Medienunternehmer Silvio Berlusconi wird dies am meisten freuen, war doch vor allem die für viele besorgnis erregende Situation der Medien
konzentration in Italien Gegenstand einer dieser Resolutionen.
Das Thema sorgte seit Wochen bei den EU-Parlamentariern für Aufregung. Bereits am 8. Oktober fand während einer Sitzung des EP in Brüssel eine Diskussion über die Informationsfreiheit und die mit ihr einhergehende Pressefreiheit in der Union statt. Dabei standen insbesondere die Verhältnisse und die jüngsten Ereignisse in Italien im Mittelpunkt, wo zum einen vor allem im Fernsehbereich der Regierungschef über einen enormen Einfluss verfügt. Zum anderen aber derselbe Berlusconi gerichtlich gegen private Zeitungen vorgeht, die über seine jüngsten „Affären“ berichteten.
Während die konservative Europäische Volkspartei anfangs noch bereit war, eine Debatte über die Informationsfreiheit zu führen, zog sie sich zurück, als bekannt wurde, dass unter anderem die liberale Alde-Fraktion wie auch die Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten (S&D) eine Resolution über das Thema vorbereiteten. Danach sei Druck aus Rom gegen die Debatte im Europäischen Parlament gemacht worden, erklärte der italienische EP-Abgeordnete der Liberalen, Niccolo Rinaldi, gestern.
Verhindern konnte die konservative EVP, zu deren politischer Familie Berlusconis Partei „Il popolo della liberta“ gehört, die Diskussion im EP ebenso wenig wie eine Abstimmung über eine Resolution. Die EVP schloss sich daher mit den beiden EU-kritischen und -feindlichen Fraktionen „Europäische Konservative und Reformisten“ (EKR) und „Europa der Freiheit und der Demokratie“ (EFD) zusammen, um den Sozialisten, Liberalen, Grünen und den Linken eine eigene Resolution entgegenzustellen. Gleichzeitig versuchten sie aber, mit diversen Änderungsanträgen die Resolution der Mitte-links Fraktionen zu verwässern. Ohne Erfolg – wie sich bei der gestrigen Abstimmung herausstellte – und ohne konsequenterweise diese Änderungsanträge in ihre eigene Resolution aufzunehmen.
In der EVP-EKR-EFD-Resolution, die bei der Abstimmung mit 297 Ja- zu 322 Nein-Stimmen bei 25 Enthaltungen abgelehnt wurde, heißt es unter anderem, dass die Presse- und Informationsfreiheit in Italien „in keiner Weise bedroht wird“. Was die vier Mitte-links-Fraktionen naturgemäß anders sehen, wenn sie als Gründe für ihre Resolution erwägen, dass „der für Medienfreiheit zuständige Hohe Vertreter der OSZE in einem am 20. September 2009 an die italienische Regierung gerichteten Schreiben ebenfalls Besorgnis über die Lage in Italien geäußert hat, ebenso wie der italienische Presseverband“.
Keine Mehrheitfür Resolution
Zudem weisen die vier Fraktionen in ihrer Resolution auf den „anhaltenden Interessenkonflikt zwischen Medienbesitz und politischer Kontrolle über die wichtigsten privaten und öffentlichen Medien“ in Italien hin. Aufgrund der „Lage in Italien“ und der eventuellen „Auswirkungen auf ganz Europa“ sollte die EU handeln, wenn sie ihre „Glaubwürdigkeit bei der Vorgabe von Werten in Bezug auf die Grundrechte in Außenbeziehungen sowie im Beitrittsprozess“ nicht schwächen wolle. Weiter wurden in der Resolution der „Druck und die Einschüchterungsversuche italienischer Regierungsstellen gegenüber italienischen und europäischen Zeitungen“ bedauert. Schließlich verlangten die vier Fraktionen, dass die Kommission einen Richtlinienvorschlag über die Medienkonzentration und den Schutz des Medienpluralismus vorlegt. Doch die Mitte-links-Resolution sollte bei 335 Ja- und 338 Nein-Stimmen sowie 13 Enthaltungen nicht die erforderliche Mehrheit erhalten. Und auch die Resolution der Liberalen fiel mit sowohl 338 Ja- als auch 338 Nein-Stimmen bei acht Enthaltungen durch. Womit zum einen Silvio Berlusconi einem Rüffel durch die EP-Abgeordneten entging, zum anderen sich das EP unfähig zeigte, eine klare Position zum Thema der Informationsfreiheit einzunehmen.
Die drei luxemburgischen EVP-Abgeordneten Georges Bach, Frank Engel und Astrid Lulling stimmten jeweils mit ihrer Fraktion und machten dafür prinzipielle Gründe geltend, nach denen das EP sich nicht in Interessenkonflikte eines EU-Staates einmischen sollte. Frank Engel erklärte jedoch, er werde seinen italienischen Fraktionskollegen klarmachen, dass sie sich damit „zum letzten Mal schützend vor den italienischen Regierungschef“ gestellt hätten.
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