Dresden wehrt sich gegen Neonazi-Aufmarsch

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Mit einer Menschenkette haben mehr als 10.000 Bürger in Dresden der Opfer der Bombenangriffe vor 65 Jahren gedacht und ein Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt.

 Gegendemonstranten verhinderten am Samstag außerdem erstmals einen Aufmarsch von laut Polizei rund 6.400 Neonazis. „Dresden will sie nicht, und diese Bande gehört nicht hierher“, sagte Oberbürgermeisterin Helma Orosz. Auf der anderen Elbseite in der Neustadt kam es zu Zusammenstößen zwischen Rechtsextremisten, Linken und den fast 5.700 Polizisten. Mindestens 27 Menschen erlitten Verletzungen, die meisten wurden von Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern getroffen. Die Polizei nahm 29 Männer im Alter von 16 bis 36 Jahren fest, unter ihnen 21 linke Gegendemonstranten. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein. Tausenden Demonstranten gelang es mit Barrikaden und Blockaden, einen „Trauermarsch“ der Neonazis zu verhindern. Die Rechtsextremisten hielten eine Kundgebung am Bahnhof Neustadt ab, konnten aber nicht wie geplant durch die Straßen ziehen. Nach mehreren Stunden wurde die Veranstaltung formell aufgelöst und die Neonazis mussten abziehen. In den angrenzenden Straßen kam es zu kleineren Zusammenstößen. Insgesamt kamen zwar etwas mehr Neonazis nach Dresden als im vergangenen Jahr. Doch war mit bis zu 8.000 Rechten aus ganz Europa gerechnet worden.
Auf ihrer Rückfahrt hielten die Insassen von fünf Bussen am Samstagabend im thüringischen Gera eine spontane Kundgebung ab. Ein Polizist wurde verletzt. Die Polizei nahm 183 Rechtsextremisten vorläufig fest. Nach der Feststellung der Personalien konnten sie ihre Fahrt von der Polizei begleitet fortsetzen. Auch in Pirna bei Dresden zogen 400 Rechte am Abend durch die Stadt, es kam zu Sachbeschädigungen.

 „Festung gegen Intoleranz und Dummheit“
Im historischen Zentrum Dresdens, das bei den Luftangriffen vom Februar 1945 komplett zerstört worden war, folgten laut Polizei weit mehr als 10.000 Menschen einem Aufruf zur Bildung der Menschenkette – unter ihnen der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). Oberbürgermeisterin Orosz sagte: „Den Jung- und Altnazis, die heute wieder versuchen, unseren Tag der Trauer zu missbrauchen, stellen wir uns entgegen.“ Der Jahrestag der Bombardierung sei eine Erinnerung daran, „wer diesen verdammten Krieg losgetreten hatte“. Unter Anspielung auf die Route der Menschenkette entlang der alten Festungswälle rief sie: „Wir machen Dresden zur Festung gegen Intoleranz und Dummheit.“
Viele Demonstranten hatten weiße Rosen angesteckt. Matthias Neutzner von der Interessengemeinschaft „13. Februar 1945“ äußerte Genugtuung über die große Beteiligung. Seine Erwartungen seien übertroffen worden. Orosz nannte es überwältigend, wie deutlich die Dresdner ein Zeichen gegen Rechts gesetzt hätten. Vor Bildung der „Kette des Gedenkens“ wurde mit einem von 80 Blechbläsern musikalisch gestaltetes Friedensgebet in der Innenstadt und einer Kranzniederlegung auf dem Heidefriedhof der bis zu 25.000 Menschen gedacht, die bei der Bombardierung der Stadt kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs ums Leben gekommen waren.