/ "Café Bonne Bière" wieder geöffnet
Auf dem Bürgersteig türmen sich hinter Absperrgittern die Blumensträuße, Kerzen stehen in engen Reihen nebeneinander, Trauer- und Friedensbotschaften flattern im Wind. Im Inneren des „Café Bonne Bière“ aber brummt wieder die Kaffeemaschine, Barmänner schieben eifrig einen Espresso nach dem anderen über den Tresen, reichen kleine Wassergläser.
Genau drei Wochen, nachdem islamistische Angreifer auf der Terrasse des Restaurants kaltblütig fünf Menschen erschossen, hat das „Café Bonne Bière“ wiedereröffnet, als erstes der Anschlagsziele im Pariser Osten. Es ist eine schwierige Rückkehr zum Alltag. „Ich muss fühlen, dass das Leben weitergeht“, sagt David, ein Stammgast des im elften Pariser Bezirks gelegenen „Café Bonne Bière“. „Wir dürfen nicht der Angst nachgeben, wir müssen kämpfen.“
Das Geräusch von Kalaschnikows
Nach den Anschlägen hätten die Menschen des Viertels das Bedürfnis, wieder zusammenzukommen, sagt der 45-Jährige. „Es tut gut, unter uns zu sein, mit den Leuten, die ins gleiche Café, in den gleichen Blumenladen, zum gleichen Bäcker gehen“. An der Theke kreisen die Gespräche um Alltagsthemen, Müllmänner bestellen während einer kurzen Pause einen Espresso für einen Euro, die Barmänner machen Scherze – doch immer wieder erinnern sich die Gäste auch an die furchtbaren Ereignisse des Abends vom 13. November mit insgesamt 130 Toten.
Ein Anwohner berichtet, wie er an jenem Freitagabend die Flucht ergriff, als er Schüsse hörte: „Nach zehn Jahren in Algerien kenne ich das Geräusch von Kalaschnikows. Ich kann dir sagen: Ich bin nur noch weggerannt.“ Unter sich sind die Gäste an diesem Freitagmorgen ohnehin nicht: Zahlreiche Journalisten sind zum „Café Bonne Bière“ am belebten Canal Saint-Martin gekommen, die erste Wiedereröffnung eines Anschlagsziels ist auch ein großes Medienereignis.
„Das Viertel wieder aufleben lassen“
Ein PR-Mann begleitet Restaurant-Geschäftsführerin Audrey Bily bei ihren Stellungnahmen vor Fernsehkameras und Radiomikrofonen. Es gehe darum „das Viertel wieder aufleben zu lassen“, sagte Bily, den Islamisten zu zeigen, „dass wir stärker sind als sie“. „Wir haben einige Arbeiten vorgenommen, die Wände neu gestrichen, die Narben dieses Albtraums entfernt“, erläutert die Geschäftsführerin. Im Inneren des teilweise holzvertäfelten „Café Bonne Bière“ riecht es immer noch nach frischer Farbe, die von Kalaschnikow-Kugeln zerschossenen Scheiben wurden ausgetauscht. In einer Scheibe über dem Eingang ist aber noch ein Einschussloch zu sehen.
Mehrere Einschusslöcher gibt es noch in den Scheiben der auf der anderen Straßenseite liegenden Pizzeria „Casa Nostra“, die ebenfalls attackiert wurde. Auch hier haben die Menschen Blumen und Kerzen niedergelegt – ebenso wie an den anderen Anschlagsorten: Vor der Bar „Le Carillon“ und dem Asia-Restaurant „Le Petit Cambodge“, die keine 500 Meter vom „Café Bonne Bière“ entfernt liegen und wo 15 Menschen getötet wurden; vor dem knapp einen Kilometer entfernten Konzertsaal Bataclan, wo die Angreifer 90 Menschen töteten; vor den weiter südlich liegenden Restaurants „La Belle Equipe“ – 19 Tote – und „Le Comptoir Voltaire“, wo ein Selbstmordattentäter einen Menschen schwer verletzte.
Auch andere Bars sollen wieder öffnen
Nach dem „Café Bonne Bière“ sollen auch andere attackierte Bars und Restaurants wieder öffnen, Termine stehen noch nicht fest. Das Bataclan, das haben die Betreiber angekündigt, soll Ende 2016 wieder seine Pforten öffnen. Am „Café Bonne Bière“ – auf der neuen Markise steht inzwischen „A la Bonne Bière“ (Zum Guten Bier) – hängt am Freitag an der Außenfassade über dem Eingang ein großes Banner mit der Aufschrift „Ich bin auf der Terrasse“, daneben zwei zum Friedenssymbol umgestaltete Eiffeltürme. Ein trotziges Signal, dass die Menschen sich von den Islamisten nicht ihren Lebensstil vorschreiben, ihre Lebensfreude zerstören lassen wollen. „Das Leben muss weitergehen“, sagt Stammgast David. „Wir wollen kein halbes Leben führen.“
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