Auch Schwarzenegger ist Charlie

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Der Schauspieler und ehemalige Gouverneur Kaliforniens, Arnold Schwarzenegger hat das satirische Magazin Charlie Hebdo abonniert.

Die Arbeiten an der am Mittwoch erscheinenden Gedenkausgabe der französischen Satire Zeitung Charlie Hebdo sind abgeschlossen. Die nach dem Attentat verbleibende Rest-Redaktion hat die Zeitung im Dachgeschoss der benachbarten Tageszeitung Libération erstellt. Libération-Chefredakteur Laurent Joffrin hatte die Charlie-Redaktion streng abgeschirmt.

Die Auflage der am Mittwoch erscheinenden Ausgabe liegt bei drei Millionen. Die Nachfrage ist so stark, dass die Auflage in kurzer Zeit verkauft sein wird. Zeitungshändler nehmen zwar Bestellungen ihrer Kunden an, weisen aber darauf hin, dass man mehr Bestellungen habe als Exemplare geliefert würden. Der Druck erfolgt in mehreren Druickereien, die von Gendarmerie geschützt werden. Die erste Seite soll erneut eine Mohammed Karikatur sein.

Zeitungs-Abo als Zeichen des Kampfes für Meinungsfreiheit

In den USA hat der ehemalige Gouverneur von Kalifornien ein Abonnement von Charlie Hebdo bestellt. Er fordert seine Landsleute auf, die Zeitung ebenfalls als Zeichen des Kampfes für die Meinungsfreiheit zu abonnieren. Das Abonnement der Wochenzeitung kostet in den USA 181 Dollar. Schwarzenegger hat auf seiner Internet Seite gleich ein Bestellformular abgedruckt.

Staatspräsident François Hollande wollte am Vormittag in der Polizeipräfektur in Paris eine Würdigung der in der vergangenen Woche drei getöteten Polizisten vornehmen. In den Präfekturen und Ministerien ist um 11 Uhr eine Schweigeminute ausgerufen. Hollande hatte bereits am Montag in einer Krisensitzung eines Sicherheitskabinetts starke Sicherheitsmaßnahmen verfügt. So sind ab Dienstag 10.000 Soldaten zur Sicherung unter anderem jüdischer Einrichtungen in Frankreich eingesetzt. Der Eiffelturm in Paris wird bereits von der Fremdenlegion geschützt.

Hinter diesen Maßnahmen hat in der französischen Politik eine Diskussion über die zukünftige Sicherheitspolitik des Landes begonnen. Premierminister Manuel Valls hat bereits eine zukünftige engere Koordination der französischen Geheimdienste und Ordnungskräfte angekündigt. Das Abhören von Familienmitgliedern soll erleichtert werden. Experten weisen darauf hin, dass Terroristen keine Einzeltäter seien, sondern auch in eine Familie eingebettet seien. Bisher ist das Abhören von Familienmitgliedern wie zum Beispiel Ehefrauen untersagt.

Der Wunsch nach dem Abhören von Familienmitgliedern ergibt sich aus der Situation des Attentäters Amedy Coulibaly, der in Paris ein jüdisches Geschäft überfallen und vier Menschen getötet hatte. Dessen Lebenspartnerin, die 26jährige Hayat Boumeddiene, war zunächst verdächtigt worden, auch Partnerin bei den Anschlägen gewesen zu sein. Boumeddiene war allerdings schon am 2. Januar über Madrid nach Istanbul gereist und von dort am 8. Januar nach Syrien gefahren.

Patriot Act made in France

Aus der ungehinderten Bewegung schließen französische Politiker nun, dass man in Frankreich einen Patriot Act nach US Vorbild brauche, der jede Bewegung von Ausländern – wie Ein- und Ausreise registriere. Allerdings, darauf verweisen Gegner einer solchen Überwachung, nutze das nichts, da die Attentäter Franzosen gewesen seien und keine Ausländer. Der Patriot Act, erfuhren die Franzosen im Morgenmagazin des französischen Nachrichtensenders France 2, würde überdies mittlerweile von den US Behörden dazu benutzt, schon bei kleineren Vergehen, die nichts mit Terrorismus zu tun hätten, das Privatleben und die Konten der Betroffenen total zu durchleuchten – ein eindeutiger Missbrauch des Gesetzes.

Hingegen will der französische Premierminister Manuel Valls in den Gefängnissen ansetzen. Die Radikalisierung des Charlie Hebdo Attentäters Cherif Kouachi soll während eines Gefängnis-Aufenthaltes erfolgt sein. Im Gefängnis Fresnes werden Islamisten mittlerweile von den anderen Gefangenen getrennt. Die französische Regierung prüft derzeit, ob dies eine allgemeine Politik werden kann. Mehr Strenge soll jedenfalls in die französischen Gefängnisse einziehen. Er habe mittlerweile 60 Kilogramm Mobiltelephone eingesammelt, berichtet ein Gefängnisdirektor. Die Außenkommunikation soll zukünftig strikt unterbunden werden.

Liberale Gefängnispolitik

Das führt unweigerlich zu Schwierigkeiten mit der amtierenden Justizministerin Christiane Taubira. Die nämlich führt gerade eine liberalere Gefängnispolitik ein. So sollen kleiner Gefängnisstrafen nicht mehr abgesessen sondern durch eine Fußfessel ersetzt werden. Taubira will die überfüllten französischen Gefängnisse entlasten. Das Vorhaben der Milde, typisch für die französischen Sozialisten, stößt nun auf Widerstand.

Erneut in Gefahr gerät allerdings die einzige europäische Errungenschaft, die wirklich als „Europa“ verstanden wird: Die freie Bewegung in einem Europa ohne Grenzen. Der frühere französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatte bereits angemahnt, dass man den Schengen-Vertrag, der die freie Bewegung der EU-Bürger garantiert, einengen müsse. Frankreich hat Schengen nie gemocht. Als Frankreich dem Abkommen beitrat, hatte der damalige konservative Innenminister Charles Pasqua zahlreiche Sonderrechte für Frankreich verhandelt.

Der amtierende französische Innenminister Bernard Cazeneuve spricht nun davon, dass Europa ein „Passoire“ sei. Auch der deutsche Innenminister de Maizière hat in der Vergangenheit betont, dass man über den Schengen Vertrag nachdenken müsse. Die einzige Stimme, die „mehr Schengen“ fordert, ist der bürgerliche UMP Politiker Bruno le Maire. In einem früheren Gespräch mit Tageblatt Online hatte le Maire den Freiraum, den Schengen garantiert, verteidigt und stattdessen einen Ausbau der europäischen Grenztruppe „Frontex“ gefordert. Frontex kontrolliert die Außengrenzen der Europäischen Union.

Helmut Wyrwich