Arbeitstreffen statt Feier zum Jahrestag

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Angesichts miserabler Wirtschaftsdaten und wachsender Kritik an seinem Kurs hat Frankreichs Präsident François Hollande den ersten Jahrestag seiner Wahl nicht mit einer Feier, sondern mit einer Arbeitssitzung seiner Regierung begangen.

34 der 37 Minister kamen mit Hollande und Premier Jean-Marc Ayrault am Montag in Paris zusammen, um Schwerpunkte der künftigen Politik festzulegen. Die Opposition attackierte die Sozialisten scharf.

Der Präsident legte drei Prioritäten für das laufende Jahr fest: „den Kampf für Arbeitsplätze, „die Jugend“ und Reformen für „die Zukunft“, wozu er die Rente ebenso zählte wie Investitionen. Regierungschef Ayrault werde „in den nächsten Wochen“ einen Investitionsplan „für die kommenden zehn Jahre“ vorlegen, kündigte Hollande laut Redetext vor seinen Ministern an. Dabei werde es um die Bereiche Informationstechnik, Energie, Gesundheit, Infrastruktur und neue Technologien gehen.

„Beträchtliches“ bleibe noch zu tun

Angesicht der Rekordarbeitslosigkeit in Frankreich und einer drohenden Rezession in diesem Jahr waren Jubelfeiern zum Jahrestag der Wahl Hollandes ausgeschlossen worden. Hollande sagte nun, die Arbeit der Regierung solle noch „beschleunigt“ werden. In einem Jahr sei zwar schon viel erreicht worden, doch brauche es Zeit, bis die Reformen greifen und „Beträchtliches“ bleibe noch zu tun.

Von seinen Ministern forderte er „Ergebnisse“ im zweiten Jahr seiner Amtszeit: „Die Regierung muss erfolgreich sein.“ Hollande und Ayrault waren in den vergangenen Monaten in den Umfragen regelrecht abgestürzt. Einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Instituts TNS Sofres für den Sender I-Télé zufolge sind nur noch 15 Prozent aller Franzosen mit ihrem Präsidenten zufrieden.

76 Prozent „eher postiv“

76 Prozent beurteilten die Bilanz des Staatschefs als „eher negativ“. Neun Prozent äußerten keine Meinung. Unter zunehmendem Beschuss stehen Hollande und seine Regierung derzeit von Links wie von Rechts. Zum Jahrestag seiner Wahl hatten am Wochenende zehntausende Menschen gegen die Politik der Sozialisten demonstriert. In Paris ging die Linksfront, darunter die Kommunisten, gegen neoliberale Politik auf die Straße. Landesweit machten erneut auch die Gegner der Homo-Ehe mobil.

Der konservative Ex-Regierungschef François Fillon attackierte Hollande am Montag scharf. Dessen Wirtschaftspolitik führe in „die Rezession“ und erhöhe „das Defizit und die Arbeitslosigkeit“, sagte er dem französischen Sender RTL.

„Politisches Scheitern“

Hinzu komme ein „politisches Scheitern“, denn Hollandes Festhalten an der Homo-Ehe habe das Land gespalten. Fillon prangerte zudem ein „moralisches Scheitern“ aufgrund der Schwarzgeld-Affäre um Ex-Haushaltsminister Jérôme Cahuzac an. Er warf Hollande auch eine „tiefe Spaltung“ im Verhältnis zu Deutschland vor.

Auch der Parteichef der Linken, Jean-Luc Mélenchon, griff den Präsidenten erneut scharf an. Zum Sparkurs sagte er dem Sender France Info, „Schritt für Schritt blutet die Nation aus“. Die rechtsextreme Parteichefin Marine Le Pen nannte Hollande „farblos, geruchlos und ohne Geschmack“.

Der Parteichef der Sozialisten, Harlem Désir, machte seinerseits deutlich, dass er „genug von dem Hollande-Bashing“ habe. Der Präsident habe ein Land in der Krise übernommen, das die konservativen Vorgänger kaputtgemacht hätten. Hollande hatte am 6. Mai 2012 die Stichwahl gegen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy gewonnen. Sein Amt trat er am 15. Mai an.