Als Team auf den Thron

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In Belgiens Königshaus geht es weniger prunkvoll zu als bei den Nachbarn in den Niederlanden. Doch ohne Glamour kommt auch das angehende Königspaar Philippe und Mathilde nicht aus. Die Feier zum Thronwechsel fällt bescheiden aus.

Er wirkt etwas unbeholfen und schüchtern, sie ist strahlend und erobert die Herzen im Sturm: Philippe und seine Frau Mathilde – das künftige belgische Königspaar. Selbst bei offiziellen Anlässen legt die 40-Jährige oft die Hand auf seine Schulter und gibt dem Kronprinzen Halt. Mathilde gilt als Glücksfall für die Monarchie. Dass die Belgier Philippe die Regentschaft überhaupt zutrauen, hat er auch der Frau an seiner Seite zu verdanken. Wenn der 53-Jährige an diesem Sonntag (21.7.) den Thron von seinem Vater Albert II. übernimmt und die royale Familie sich auf dem Schloss-Balkon dem Volk zeigt, dürfte Mathilde wie immer fest an seiner Seite stehen.

Manches Mal wurde Philippe von Belgien dafür belächelt, dass er mit über 50 Jahren immer noch Kronprinz ist. Der vierfache Familienvater bekam den Spitznamen „flämischer Prinz Charles“, weil auch der britische Kronprinz mit 64 immer noch hinter seiner Mutter Königin Elizabeth II. zurückstehen muss.

Mangelndes Charisma

Karikaturisten zeichneten Prinz Philippe beim eifrigen Studium von Handbüchern mit dem Titel: „Wie man ein guter König wird.“ Kritiker bemängelten, dass es Philippe an Charisma fehle und er abhängig von Beratern sei.

Die Frage nach Philippes Eignung steht vor seiner Thronübernahme wieder im Raum. Sie ist so offenkundig, dass selbst König Albert II. in seiner Abdankungsrede betonte: „Ich stelle fest, dass Prinz Philippe auf die Nachfolge gut vorbereitet ist.“ Und dann erwähnte der König ausdrücklich noch seine Schwiegertochter: „Mit Prinzessin Mathilde erfreut er sich meines vollen Vertrauens.“

Repräsentieren

Das Paar wird vor allem eines: repräsentieren. Denn der König ist vor allem Symbolfigur für den Staat. „Der König gibt keine Interviews und diskutiert nicht öffentlich die Tagespolitik“, heißt es auf der offiziellen Seite der belgischen Regierung. „Seine Handlungen, vor allem im politischen Bereich, sind wenig sichtbar und immer diskret.“

Umso mehr Bedeutung haben öffentliche Auftritte – und da muss Philippe noch an sich arbeiten. Damit die Monarchie dauerhaft überlebt, müsse das Königshaus kommunikativer und moderner werden, etwa nach dem Vorbild des niederländischen Königs Willem-Alexander und seiner Frau Máxima, schrieb die französische Zeitschrift „Marianne“ in ihrer belgischen Ausgabe. Philippe müsse die Medien lieben lernen. „In Zeiten der Krise muss die Bevölkerung beruhigt werden, und das kann nur jemand mit viel Selbstbewusstsein und natürlicher Autorität schaffen“, meinte der Kommunikationspsychologe René Zayan in dem Magazin.

Die öffentliche Meinung ist sich dagegen einig, dass die adlige Mathilde, Tochter des Grafen Patrick d’Udekem d’Acoz, eine gute, ja gar eine perfekte Königin sein wird. Das Volk liebt sie, bei Umfragen erreicht sie höhere Werte als der Kronprinz.

Mathildomania

Zeitungen haben die öffentliche Begeisterung „Mathildomania“ getauft. Als ausgebildete Logopädin und Psychologin sei die schöne und warmherzige Mathilde so etwas wie Philippes persönlicher Coach, heißt es. Mit Mathilde rückt erstmals eine in Belgien geborene Regenten-Ehefrau ins Rampenlicht, die Verfassung weist ihr aber keine offizielle Aufgabe zu.

„Philippe zeigt eine neue Entspanntheit, die man vorher nicht kannte“, schrieb die Zeitschrift „Point de Vue“. „Gemeinsam versöhnen sie das Land und machen das Königreich fit für die Zukunft – getreu dem Wahlspruch Belgiens „Einheit macht stark“.“ (L’union fait la force).

Familienfotos mit den vier Kindern sollen Gerüchte vergessen machen, die aufkamen, als 1999 die Rede von einer arrangierten Ehe war. Gesichert ist die Dynastie durch die elf Jahre alte Prinzessin Elisabeth, ihr ältestes Kind. Sie soll eines Tages die erste Königin von Belgien werden.

Auf Pomp wird verzichtet

Trotz mancher Glamour-Auftritte geben sich Philippe und Mathilde bodenständig und volksnah. Auf Pomp wird beim Thronwechsel verzichtet. In Zeiten der Krise gilt Sparen als oberstes Gebot. Nach einer Reform müssen Angehörige der Königsfamilie künftig wie normale Bürger Steuern zahlen. Philippe soll wie sein Vater 11,5 Millionen Euro Bezüge erhalten, muss sie aber versteuern.

Die erste große Bewährungsprobe dürfte im kommenden Jahr auf den neuen König zukommen. In zehn Monaten sind Wahlen in dem Land, das durch den Streit zwischen Niederländisch sprechenden Flamen und französischsprachigen Wallonen auseinanderdriftet. Beim letzten Mal dauerte es eineinhalb Jahre, bis eine neue Regierung stand. Philippe wird wohl als Vermittler gebraucht werden – dabei dürfte ihm sein Vater Albert als «König in Rente» mit Ratschlägen zur Seite stehen.