„Alptraum“ und „Folterkammer“

„Alptraum“ und „Folterkammer“
(Reuters)

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Es ist der größte Flughafen Frankreichs, eines der wichtigsten Drehkreuze in Europa - und nach Ansicht vieler Reisender der schlechteste Airport der Welt.

Der französische Hauptstadt-Flughafen Charles de Gaulle in Paris, der am Samstag sein 40-jähriges Bestehen feiert, lässt Passagiere regelmäßig erschaudern: „Er ist nach unmenschlichen Prinzipien gebaut und also funktioniert nichts richtig und das Personal erweckt den Eindruck, als ob es seinen Job hasst“, schrieb ein Fluggast unlängst in einem Internetforum. „Terminal 1 ist wie eine Folterkammer.“

Und das ist beileibe keine Einzelmeinung über den Flughafen im Norden von Paris, der kurz CDG genannt wird: „Alptraum“, „Unbedingt vermeiden!“, „eine Schande“, „chaotisch“, „nie mit Kleinkind“ – so lauten reihenweise die Kommentare vor allem von Reisenden, die in Charles de Gaulle umsteigen mussten. Denn der zweitgrößte Airport Europas, über den im vergangenen Jahr 62 Millionen Passagiere abgefertigt wurden, gilt als unübersichtlich, schlecht ausgeschildert und oft schlicht überlastet.

Concorde-Absturz

So klagen viele Passagiere über lange Wartezeiten etwa bei den Sicherheitskontrollen. Dabei war der am 8. März 1974 eröffnete Flughafen einst der Stolz der Nation. Das legendäre Überschall-Flugzeug Concorde startete dort am 21. Januar 1976 zu seinem ersten kommerziellen Flug nach Rio de Janeiro. In den Jahrzehnten danach wurde der Flughafen wegen des steigenden Passagieraufkommens immer weiter ausgebaut, zum Terminal Nummer 1 kamen mehr und mehr Abfertigungshallen hinzu.

Zu einem schweren Unglück kam es im Mai 2004, als am Terminal 2E eine moderne Durchgangshalle einstürzte. Vier Menschen wurden von Trümmerteilen erschlagen. Das schwerste Flugzeug-Unglück in der Geschichte des Flughafens ereignete sich am 25. Juli 2000: Kurz nach dem Start in Charles de Gaulles stürzte eine Concorde auf dem Weg nach New York ab. 113 Menschen starben. Der Unfall läutete das Ende des Überschall-Flugzeugs ein, das französisch-kritische Prestigeprojekt wurde drei Jahre später außer Dienst gestellt. Nach Erkenntnissen der Justiz war die Concorde beim Start über ein Metallteil gerast, das eine andere Maschine verloren hatte.

Gold verschwunden

Herumfliegende Teile beschädigten einen Treibstofftank der „Königin der Lüfte“, der sich daraufhin entzündete. Zum Zeitpunkt des Concorde-Absturzes war CDG schon längst zu einer der wichtigsten Drehscheiben nicht nur für den europäischen Flugverkehr, sondern auch für französische Im- und Exporte geworden. Kein Wunder, dass auch immer wieder spektakuläre Schmuggelfälle oder Diebstähle von dem Flughafen gemeldet wurden.

So verschwanden erst im vergangenen September auf rätselhafte Weise rund 50 Kilogramm Gold aus einer Air-France-Maschine. Das Gold mit einem Wert von 1,6 Millionen Euro sollte nach Zürich gebracht werden, Angestellte einer Sicherheitsfirma hatten die wertvollen Barren selbst in die Maschine geladen. Die Diebe hätten „ganz bestimmt Komplizen am Flughafen gehabt“, sagte ein Flughafensprecher danach. Erst kurz zuvor waren 1,4 Tonnen Kokain in Koffern eines Flugs aus Venezuela entdeckt worden.

Keine Papiere

Auch Passagiere, die in Charles de Gaulle landeten, machten schon weltweit Schlagzeilen. So wurde der Fall des Iraners Karim Nasser Miran sogar von Steven Spielberg in „Terminal“ mit Tom Hanks verfilmt. Der Mann, der keine ordentlichen Ausweispapiere hatte, saß jahrelang im Terminal 1 des Flughafens fest, durfte weder ein- noch ausreisen. Der Iraner lebte auf einer Flughafenbank, sprach anfangs wochenlang mit niemandem – und wollte am Ende den Airport nicht mehr verlassen: Als er 1999 – nach elf Jahren – endlich Papierebekommen sollte, lehnte der Staatenlose, der sich inzwischen „Sir Alfred“ nannte, ab – und blieb noch etliche Jahre in Charles de Gaulle wohnen.