Alle Augen auf die Niederlande

Alle Augen auf die Niederlande

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Nach Brexit und Trump richten sich alle Augen auf die Niederlande. Dort liegt die rechtspopulistische PVV mit der Partei von Ministerpräsident Rutte gleichauf. Doch es formiert sich linker Widerstand.

Nach dem Brexit-Referendum in Großbritannien und der Wahl des rechtspopulistischen Milliardärs Donald Trump zum US-Präsidenten richten sich nun alle Augen auf die Niederlande.

In dem EU-Gründungsstaat wird am 15. März ein neues Parlament gewählt, lange Zeit führte in Umfragen die Partei für die Freiheit (PVV) des Rechtspopulisten Geert Wilders. Auch wenn die PVV aktuell mit der liberalen VVD von Regierungschef Mark Rutte etwa gleichauf liegt, sorgen sich nicht nur die EU-Befürworter um den Ausgang der Wahl.

Keiner will mit Wilders

Knapp 13 Millionen Niederländer sind aufgerufen, Mitte März ein neues Parlament zu wählen. Um die 150 Sitze im Parlament bewerben sich 28 Parteien und 1.114 Kandidaten. Nach jüngsten Umfragen kommt die PVV derzeit auf 24 bis 28 Sitze im Unterhaus.

Doch selbst wenn Wilders‘ Partei stärkste Kraft werden sollte, regieren will bislang niemand mit ihm. Die PVV werde daher voraussichtlich eine „riesige Oppositionspartei“ werden, sagte der Politikwissenschaftler Geerten Waling von der Universität Leiden.

Instabiles Parlament

Auch Rutte hat eine Koalition mit Wilders, der auf den „Nexit“ setzt, bereits nachdrücklich ausgeschlossen. Vor allem dessen radikale anti-islamischen Parolen und Diffamierungen von Marokkanern als „Abschaum“ machten jegliche Zusammenarbeit unmöglich.

Wilders sagte hingegen, er glaube Rutte nicht, dass er sich nach der Wahl auch wirklich so verhalte. „Man kann nicht einfach 2,5 Millionen Wähler beiseite schieben.“ Das würde zu einem solch „instabilen Parlament“ führen, dass die Volksvertretung in nur einem Jahr zusammenbrechen könne.

Trump nutzt nur kurz

Doch Umfragen zeigen nun offenbar, dass der Trump-Rückenwind für die PVV nur vorübergehend war. Seit dem Amtsantritt des US-Präsidenten und dessen ersten umstrittenen Entscheidungen geht die Zustimmung auch für die PVV wieder zurück, sie verlor in Umfragen drei Sitze.

Dass sich Rutte dennoch Sorgen über das Abschneiden der PVV macht, zeigte kürzlich seine Ansage an integrationsunwillige Einwanderer. Immigranten müssten sich „normal verhalten oder das Land verlassen“, schrieb Rutte in einem offenen Brief. Zugleich warnte er davor, alle Zuwanderer pauschal abzulehnen: „Die Lösung liegt nicht darin, alle in einen Topf zu werfen, sie zu beleidigen oder ganze Gruppen aus dem Land auszuweisen.“

„Dinge anders machen“

Wilders fährt seit Jahren einen anti-islamischen und EU-kritischen Kurs, unter anderem will er Moscheen und Islamschulen schließen lassen, die Grenzen dichtmachen und keine Migranten aus islamischen Ländern mehr zulassen.

Die Menschen, die für Wilders‘ Partei stimmen wollen, seien aber keine Rassisten, glaubt der ehemalige Hafenmeister Sijmen Kaper. „Die Politiker hören dem Volk nicht zu“, beklagt der 70-Jährige. Die Leute wollten, „dass Dinge anders gemacht werden“.

Kleine linke Königsmacher

Um die nötigen 76 Sitze für eine Regierungsmehrheit zu erhalten, könnte es nach der Wahl wochen- oder gar monatelange Koalitionsverhandlungen geben. Königsmacher dürften kleinere Parteien wie GroenLinks werden.

Die Umweltschützer um Parteichef Jesse Klaver könnten Umfragen zufolge drittstärkste Kraft werden. Der 30-jährige Klaver, der bereits der „niederländische Justin Trudeau“ genannt wird, setzt sich für eine enge Zusammenarbeiter linksgerichteter Parteien ein, um eine Koalition unter Rutte zu verhindern.

„Rechtsgerichteten Wind aufhalten“

Ziel sei es, den „rechtsgerichteten Wind aufzuhalten, der durch ganz Europa bläst“, sagte Klaver im vergangenen Jahr. Nach den Wahlen in den Niederlanden könnte dieser Wind sogar noch weiterwehen: Bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich im Frühjahr sagen Umfragen Marine Le Pen von der rechtsextremen Front National zumindest einen Sieg in der ersten Runde vorher. Auch bei der Bundestagswahl in Deutschland im September wird ein starkes Abschneiden der rechtspopulistischen AfD erwartet.