Abhöraffäre könnte sich ausweiten

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Die Abhöraffäre in Großbritannien weitet sich möglicherweise aus. Nun sollen auch beim "Daily Mirror" Telefonate abgehört worden sein. Das behauptet ein ehemaliger Journalist des Boulevard-Blattes.

Der britische Skandal um abgehörte Telefone von prominenten Verbrechensopfern und Angehörigen ist nach Angaben eines früheren Journalisten nicht auf eine Zeitung des Murdoch-Konzerns beschränkt. Der frühere Finanzjournalist des Boulevard-Blattes „Daily Mirror“, James Hipwell, sagte am Mittwoch vor einem Untersuchungsausschuss, das Abhören sei auch bei den Gesellschaftsreportern seiner Zeitung gängige Praxis gewesen. Es sei nahezu ausgeschlossen, dass der damalige Chefredakteur Piers Morgan nichts davon gewusst hatte.

Morgan hatte noch am Vortag erklärt, die Redaktion habe unter seiner Führung auf der Grundlage der Gesetze und des Pressekodex gearbeitet. Auch die Verlagsleitung der Mirror-Gruppe hatte stets jede Verbindung zur Abhöraffäre zurückgewiesen. Informationen etwa über Ex-Beatle Paul McCartney habe die Zeitung von dessen Ex-Frau Heather Mills erhalten. Diese dementierte am Mittwoch energisch. Sie habe niemals Tonbänder über ihren Ex-Mann herausgegeben.

Der Journalist Hipwell war 2006 selbst mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Er hatte Aktien gekauft, diese dann als Tipps im Börsenteil veröffentlicht und dann die selbst verursachten Kursaufschwünge zum gewinnträchtigen Verkauf genutzt. Er musste dafür mehrere Monate ins Gefängnis.

Zurückgerudert

Die linksliberale Zeitung „The Guardian“, die einen Großteil des Abhörskandals ans Licht gebracht hatte, musste inzwischen teilweise zurückrudern. Das Blatt korrigierte insgesamt 26 Artikel, in denen behauptet wurde, Reporter der Murdoch-Zeitung „News of the World“ hätten die Handy-Mailbox eines entführten und später ermordeten Mädchens absichtlich gelöscht, um Platz für neue Nachrichten zu machen, die sie wieder abhören könnten. Experten hatten im Zuge der Untersuchungen des Falls erklärt, die Mailbox sei vermutlich automatisch gelöscht worden.

Bei „News of the World“ waren jahrelang Telefone von Prominenten, Mitarbeitern des Königshauses und sogar Mordopfern angezapft worden. Das Blatt wurde im Juli eingestellt. Der richterliche Ausschuss beschäftigt sich seit Wochen mit dem Fall. Er soll aber auch neue Wege für die Presseethik in Großbritannien festlegen. Eine Aussage von Murdoch vor dem Ausschuss wird inzwischen nicht mehr ausgeschlossen. Der 80-Jährige hatte bereits im Juli vor einem Parlamentsausschuss ausgesagt und diesen Auftritt als den „Tag der größten Demut“ seines Lebens bezeichnet.