80-Milliarden-Paket im Schnellverfahren

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(dpa-Archiv)

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EU-Finanzministertreffen im Schatten der Schuldenkrise: Auf Portugal kommen noch härtere Sparauflagen zu. Im Gegenzug kann Lissabon damit rechnen, dass schon bald Milliardenhilfen von der EU fließen.

Das von der Pleite bedrohte Portugal kann mit einer Rettungshilfe von etwa 80 Milliarden Euro rechnen. Das erste Geld könnte schon vor den Neuwahlen Anfang Juni fließen. Nur wenige Stunden nach dem offiziellen Hilferuf aus Lissabon setzte die EU das Hilfsverfahren für das gebeutelte Land in Gang.

Das Hilfspaket solle am 16. Mai offiziell geschnürt werden, kündigte EU-Währungskommissar Olli Rehn am Freitag im ungarischen Gödöllö an. Zahlungen wären dann innerhalb von zehn Tagen möglich, wie der Direktor des Rettungsfonds EFSF, Klaus Regling, sagte.

Genaue Summe noch unbekannt

Der genaue Bedarf steht noch nicht fest. Rehn geht nach einer vorläufigen Schätzung von einer Größenordnung von etwa 80 Milliarden Euro aus. Für eine genaue Zahl ist es nach den Worten des Eurogruppenchefs Jean-Claude Juncker aber noch zu früh. Die EU-Finanzminister starteten das Hilfsverfahren für Lissabon während ihres informellen Treffens in der Nähe von Budapest. In der Nacht zuvor hatte Portugal das Hilfsersuchen förmlich bei der EU-Kommission in Brüssel eingereicht.

„Die Minister haben den Antrag Portugals auf Finanzhilfe bestätigt“, sagte Juncker. Nun müssen die EU-Kommission, der Internationale Währungsfonds (IWF) sowie die Europäische Zentralbank (EZB) und Portugal das Hilfsprogramm aufsetzen.

Portugals Opposition stüzte Land in die Krise

Für eine Besonderheit im Verfahren sorgt die Regierungskrise in Portugal, wo Ministerpräsident José Socrates zurückgetreten war, weil sein jüngstes Sparpaket von der Opposition zu Fall gebracht wurde. Die Neuwahl des Parlaments ist für den 5. Juni vorgesehen.

Die EU bittet daher ausdrücklich alle politischen Kräfte in Portugal an den Tisch. „Es ist wichtig, dass in Portugal eine parteiübergreifende Vereinbarung gefunden wird, damit gewährleistet wird, dass das Programm im Mai verabschiedet werden kann“, sagte Rehn. Ausgangspunkt soll das alte, bereits sehr strikte Sparprogramm vom März sein.

Neues Sparprogramm noch härter

Die neuen Auflagen sollen noch härter werden. Neben der Konsolidierung der Staatsfinanzen kommen auf Portugal strukturelle Reformen zu, beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt. Zusätzlich wird Lissabon ausdrücklich aufgefordert, nach dem Vorbild Griechenlands Staatsbesitz zu versilbern. Portugals Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos sagte: „Ich bin sicher, dass wir die Hilfe erhalten. Portugal wird in der Lage sein, seine Verpflichtungen zu erfüllen.“

Portugal wird als drittes Land der Europäischen Union – nach Griechenland und Irland – an den Finanztropf kommen. Irland wird von einer Bankenkrise erschüttert und nimmt 85 Milliarden Euro Finanzhilfe von der EU und dem IWF in Anspruch. Griechenland hatte bereits vor der Bildung des EU-Rettungsfonds EFSF von einem Extra-Paket von 110 Milliarden Euro profitiert. EU-Kommissar Rehn zeigte sich zuversichtlich, dass Portugal im April und Mai keine akuten Zahlungsschwierigkeiten bekommt.

Spanien nächster Hilfe-Kandidat?

Spekulationen an den Finanzmärkten, Portugals großer Nachbar Spanien könnte als nächstes in den Strudel der europäischen Schuldenkrise geraten, sind nach Einschätzung der EU-Kassenhüter unbegründet. „Ich denke nicht, dass es ein großes Risiko gibt“, sagte der finnische Ressortchef Jyrki Katainen. „Spanien leistet gute Arbeit – und wenn wir unsere Arbeit im Falle Portugals erledigen, wird das Spanien-Risiko sogar noch kleiner.“

Spaniens Finanzministerin Elena Salgado sagte auf die Frage, ob Portugal das letzte Land sei, das Finanzhilfen benötigt: „Natürlich, das denke ich.“ Die spanische Ökonomie sei hinreichend stark und breit aufgestellt. Die Gefahren der Portugalkrise für den spanischen Bankensektor seien gering. EFSF-Chef Regling sagte: „Die Ansteckungsgefahr ist niedriger als noch vor sechs bis neun Monaten.“

Kein Schulden-Erlass für Athen

Ein in den Medien immer wieder diskutierter Schuldenerlass für Griechenland ist nach den Worten von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in der EU weiterhin kein Thema. Nach Aussage seines belgischen Kollegen Reynders gibt es dazu auch keinen Anlass. Es gebe einen Hilfsplan für Griechenland, und dieser Plan funktioniere gut. Juncker sagte lediglich, Griechenland sei daran erinnert worden, die zugesagten Defizitziele einzuhalten.