Zurück zur Krise

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(dpa-Archiv)

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Seit gestern ist wieder Krise. Europa wurde herausgerissen aus seiner Behaglichkeit, in die es sich über die Feiertage eingelullt hatte.

Einer Zeit, in der eifrig konsumiert und beschenkt wurde, sich viele etwas mehr gönnten als an gewöhnlichen Tagen und die Spendierfreudigkeit bekanntermaßen ebenfalls einen ihrer jährlichen Höhepunkte erreicht. Und das alles mit dem Euro, der „Krisenwährung“, jenem Zahlungsmittel, dessen Ende zunehmend herbeigeredet und -geschrieben wird, von all jenen Experten, die es schon immer wussten.
Die Realität holt uns wieder ein. „Die Euro-Krise kommt mit Wucht zurück“, meldete Spiegel Online am Sonntag und stimmte damit auf das gestrige Treffen zwischen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy ein. Die beiden trafen sich in Berlin, um das nächste Kapitel zur Mythensammlung über die Rettung der Eurozone vorzubereiten. Dieses Mal ging es um die Finanztransaktionssteuer, über deren Einführung sich die beiden im Prinzip einig sind, wenn auch noch alles hinsichtlich der Form der auch als Tobin-Steuer bekannten Abgabe für die Finanzjongleure zu klären bleibt.

Guy Kemp gkemp@tageblatt.lu (Bild: Tageblatt)

Selbstverständlich ist Nicolas Sarkozy noch mehr für die Einführung dieser Steuer als die Kanzlerin, weshalb er noch am Wochenende vermelden ließ, dass Frankreich sie im Alleingang einführen werde. Der französische Präsident versucht sich halt so oft wie möglich als der eigentliche Antreiber im deutsch-französischen Duo zu präsentieren, auch wenn längst bekannt ist, dass, sobald es um Geldfragen geht, Angela Merkel die Hosen anhat.

Sich des Themas Wachstum annehmen

Ganz ungeniert stellt sich Sarkozy nebenbei bereits als der eigentliche Ideengeber für eine solche Steuer dar, obwohl er diese einst als „Absurdität“ abtat. Doch der Vorschlag für eine Finanztransaktionssteuer der Europäischen Kommission liegt seit Ende vergangenen Jahres vor. Der zuständige Ausschuss im Europäischen Parlament befasste sich eben auch gestern mit dem Thema. Obwohl in Steuerfragen nur die Meinung der Volksvertreter eingeholt wird, hatten diese dennoch in der Vergangenheit mehrmals die Einführung dieser Abgabe verlangt.

Daher sollten Merkel und Sarkozy nicht schon wieder so tun, als sei es nur ihrem unermüdlichen Agieren zu verdanken, dass die Dinge auch in Sachen Tobin-Steuer vorangehen. Es wäre der Sache mehr gedient, wenn sie darauf drängen würden, dass sich die zuständigen Finanzminister ebenfalls so schnell wie möglich an die Arbeit machen würden, damit die entsprechende Richtlinie zügig verabschiedet werden kann. Mit ihrer

Selbstbeweihräucherung, die, wie in diesem Fall auf Seiten Sarkozys, immer wieder auch innenpolitisch motiviert ist, und der medialen Inszenierung längst in Gang gesetzter Dinge kommt Europa bei der Beilegung der Schuldenkrise sicherlich nicht schneller voran.

Im Gegenteil: Wer einen neuen Vertrag initiiert, in dem eine sogenannte Schuldenbremse für alle Euro-Staaten vorgeschrieben wird, obwohl die Maastrichter Kriterien längst eine Begrenzung der Staatsschulden auf 60 Prozent des BIP verlangen, und wer automatische Sanktionen für Defizitsünder fordert, obwohl diese bereits im reformierten Stabilitäts- und Wachstumspakt enthalten sind, macht sich gegenüber seinen Kreditgebern unglaubwürdig. Und das ist wohl das Letzte, was die Euro-Staaten derzeit brauchen.

Sarkozy und Merkel hätten sich vielmehr gestern damit befassen sollen, wie das wirtschaftliche Wachstum in Europa wieder angekurbelt werden kann. Denn nur so kann auch wieder das Geld verdient werden, das benötigt wird, um die Schulden abzubauen. Doch scheint dieses Thema erst ab dem kommenden EU-Gipfel am 30. Januar zu interessieren.