Zum besseren Verständnis

Zum besseren Verständnis

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Warum kam am Mittwoch der Streit zwischen dem CSV-Präsidenten und dem LSAP-Gesundheitsminister um das geplante Rauchverbot in den Cafés auf die Wort-Titelseite, als Aufmacher? Gibt es in der Welt, in Europa und in Luxemburg keine anderen Sorgen?

Es gibt sie wohl. Da ist ja, zuvorderst, die von den europäischen Spitzenpolitikern, zu denen ein paar Luxemburger gehören wollen, forcierte Austeritätspolitik, welche den Kontinent von der Finanz- in die Wirtschaftskrise treibt, zur großen Freude der sogenannten Märkte: Es rollt die Konkurswelle, es steigt die Arbeitslosigkeit, es fallen die Löhne, es wackelt der Sozialstaat.

Alvin Sold asold@tageblatt.lu

Fast überall geben Konservative den Ton an, christliche Parteigänger zumeist, die politisches Kapital aus der von ihnen selbst verursachten Katastrophe zu schlagen wissen.

Sie, die Merkel und Sarkozy und deren Vasallen, verkünden, es gebe keine Alternativen; man müsse die Staatsschulden drastisch verringern; Haushaltsdefizite seien unzulässig.

Dabei warnen gescheite Analysten der verschiedensten Disziplinen (Wirtschaft, Geschichte, Philosophie, Völkerkunde , Literatur usw.) in Europa, Japan und den USA vor diesem Kreuzweg, auf den die EU sich führen lässt. Auf dem Golgatha wird schließlich, in naher Zukunft, das europäische Gesellschaftsmodell, das Solidarität und Toleranz auf hohem Niveau garantierte, hingerichtet.

Bis es so weit ist, feiert die Spezies der Machtpolitiker Hochkonjunktur. Sie, diese Spezies, die sich europaweit am liebsten in Volksparteien gruppiert, wittert einzigartige Chancen, die wichtigsten Gegner entscheidend zu schwächen. Luxemburg ist dafür ein Fallbeispiel.

Nehmen wir die Tabakstory. – Zurzeit rauchen etwa 20 Prozent der Bevölkerung, also, mit hoher Wahrscheinlichkeit, auch 20 Prozent der Wähler, innerhalb jeder Partei. Vereinfacht gesagt: Die LSAP verdankt 20 Prozent ihrer Stimmen und Sitze den Rauchern; wenn es der CSV gelingt, den Koalitions-„Partner“ als allein verantwortlich für den harten, konsequenten Kurs darzustellen und sich selber als die kompromissbereite Seite, wird die Sache womöglich sehr teuer für die ohnehin schwächelnden Sozialisten.

Dasselbe perfide Spiel treibt die CSV in puncto Renten. Sie, die den Finanzminister seit unzähligen Jahren stellt, ist selbstverständlich an erster Stelle verantwortlich für das Defizit des Zentralstaates. Um diesen langfristig zu entlasten, wird eine Pensionsreform angestrebt, welche die garantierten Leistungen kürzt. Ein sozialistischer Minister darf das unpopuläre Ding vortragen, was ihm die Schelte aller Gewerkschaften einbringt (siehe die elektoralen Folgen!), und dann bekommt er noch Hiebe von den schwarzen Gesellen, weil er denen nicht weit genug geht! Applaus spenden die liberalen, businessbewussten Anhänger der Volkspartei, die gleich zweimal gewinnt!

Unbeliebt bei zahlreichen linken Wählern wurden die Sozialisten auch, weil sie den Feldzug der CSV gegen den Index so bereitwillig mittrugen, ohne Rücksicht auf die Haltung der Gewerkschaftskreise.

Eines hat die CSV-Führung bestens verstanden: Die sicherste Methode zur Festigung der eigenen Stellung ist die scheibchenweise Schwächung des politischen Gegners. Der mag glauben, er könnte diesen oder jenen kleinen Abgang verkraften. Aber am Wahlabend erkennt er, was wirklich geschah: Vier, fünf Nebenfronten ergaben das Gesamtdebakel.

Zu einem versuchten Rufmord

Vor diesem Hintergrund wird ebenfalls der versuchte Rufmord des CSV-Politikers Weber an LSAP-Arbeitsminister Schmit verständlich. Nach der „Polizeiaffäre“ sei Schmit nicht gut auf die CSV zu sprechen, erklärte Weber, und deshalb habe er ihn, Weber, erpresst. – Halt! Warum bringt Weber die CSV mit Schmits Auftritt auf der Polizeiwache in Verbindung? Wurde was inszeniert, damals?

Tatsache ist, dass Schmit seinen Job als Minister tut, wenn er die ProActif des CSV-Politikers Weber zwingt, unzulässig eingezogene Steuergelder zurückzuerstatten.

Richtig ist daher, dass die CSV nicht gut auf Schmit zu sprechen ist. Dies umso mehr, weil er öfters öffentlich darauf verwies, dass gewisse CSV-Vorstöße nicht in der Regierung abgesprochen waren.

Wie zuletzt Junckers absurder Vorschlag zur Subventionierung des Mindestlohns aus öffentlichen Mitteln, welcher der CSV zusätzliche Sympathie beim Patronat sichert.

Tja, liebe Sozialisten, es ist schon Wahlkampf.