Zu viel Demut

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Es ist einmal mehr ein gut gemeinter Versuch, den Friedensprozess im Nahen Osten wieder anzukurbeln, den der französische Außenminister Bernard Kouchner und sein spanischer Amtskollege Miguel Angel Moratinos zu Beginn der Woche mit ihrem Beitrag in Le Monde unternahmen.

Guy Kemp
gkemp@tageblatt.lu

Die Europäer sollten Verantwortung übernehmen und sowohl Israelis als auch Palästinensern Garantien für die „Risiken des Friedens“ anbieten, meinten die beiden in ihrem Beitrag. Den Israelis müsse ihre Sicherheit garantiert werden, den Palästinensern ein lebensfähiger und unabhängiger Staat. Zudem bieten sie an, dass die Europäer eine Friedenskonferenz auf höchster Ebene organisieren könnten, um eine definitive Friedenslösung auch zwischen Syrien, dem Libanon und Israel herbeizuführen.

Es sind hehre Ziele, die die beiden Politiker den Europäern da vorgeben, und es müssen wohl einige Außenstehende die Initiative übernehmen, damit im Nahen Osten wieder Bewegung in die Suche nach einer Lösung für den Konflikt kommt.
Nur sind wir zu weit davon entfernt,als dass die Europäer hier Entscheidendes bewirken könnten. Nicht nur, da selbst US-Präsident Barack Obama bisher kaum etwas Greifbares erreichen konnte. Es ist auch die zögerliche Art und Weise, die Zurückhaltung, mit der sich die Europäer einmischen. Und das nicht nur im Nahost-Konflikt, sondern auch bei anderen Gelegenheiten.

Selbstbewusstsein entwickeln

Als jüngstes Beispiel könnte die Reaktion auf die Ermordung des Hamas-Funktionärs Mahmud Al-Mabhuh dienen. In ihrer Erklärung zu der Angelegenheit forderten die 27 nicht einmal eine Klärung oder Konsequenzen der gestohlenen Identitäten und gefälschten Pässe europäischer Staatsbürger, die bei der mutmaßlich vom israelischen Geheimdienst Mossad durchgeführten Aktion verwendet wurden.

Klein beigegeben hatten die Europäer ebenfalls, als vor einigen Wochen die EU-Außenminister in den Schlussfolgerungen ihrer Ratstagung darauf verzichteten, Ost-Jerusalem neben dem Gazastreifen und dem Westjordanland als Teil des palästinensischen Territoriums zu erwähnen. Dem voraus gingen Proteste der Israelis, denen die Europäer demutsvoll nachgaben, mit dem fadenscheinigen Argument, man könne dem Resultat noch zu führender Verhandlungen nicht vorgreifen. Dabei wird schon seit Jahrzehnten in einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats Ost-Jerusalem als ein von Israel besetztes palästinensisches Gebiet ausgewiesen.

Ein anderes Beispiel, in dem die Europäer zu viel Demut an den Tag gelegt haben, ist das Swift-Abkommen über den Transfer von europäischen Kontodaten an die USA. Dieses wurde von den zuständigen EU-Ministern zugunsten Washingtons und zum Nachteil der Europäer durchgewunken, jedoch vom Europäischen Parlament vor zwei Wochen gestoppt.
Bestimmt könnte die EU auch im Nahen Osten, oder in anderen Teilen der Welt, etwas erreichen.
Nur fehlt es den Staaten der Union offensichtlich an Selbstbewusstsein, selbst wenn sie zu 27 versammelt immerhin eine halbe Milliarde Menschen repräsentieren und, von ihrem Selbstverständnis her, eine Wertegemeinschaft darstellen, die auch in Fragen des Friedens ein Beispiel geben will. Die Entwicklung dieses Selbstbewusstseins auf der internationalen Bühne sollte eigentlich eine Aufgabe der Hohen Vertreterin für die EU-Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, sein. Sie wird sich daher auch daran messen lassen müssen, inwieweit und mit welchem Nachdruck die EU künftig in der Welt auftreten wird.