Zahlenwerk der alten Art

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„Finanzpolitik besteet aus zwee Wierder. Finanzen a Politik. Vu Finanze mengs de eppes ze verstoen. Vu Politik, soen ech der, wäerts de ni eppes verstoen.“ – Wer spricht da? Zu wem?

Juncker spricht. Er kanzelt seinen Dauphin Frieden ab, im Ministerrat, vor versammelter Regierung, im Zuge einer Diskussion über die Budgetvorlage für 2013.

Alvin Sold asold@tageblatt.lu

Zu lesen auf Seite 36 der März-Nummer der Monatsschrift Forum, nachgedruckt vom CSV-nahen Wort vom Donnerstag, unter dem reißerischen Titel „Als Juncker Frieden demontierte“.

Was für Zustände! Da unterstellt der Premier dem von ihm höchstpersönlich gekürten Finanzminister, dieser würde „meinen, etwas von Finanzen zu verstehen“ (was im Klartext hieße: Du kennst davon nichts), und gibt ihm in der Königsdisziplin, der Politik, für alle Zukunft eine Null.

Vor diesem Hintergrund wird deutlicher, wieso Luxemburgs Staatsfinanzen unter dem Tandem Juncker-Frieden in eine Schieflage geraten konnten, die seit 2009 mit einer forschen Austeritätspolitik zulasten des Mittelstandes bekämpft wird. Die CSV-Maestria in Sachen Finanz-Know-how war eine vorgetäuschte.

Besser als die anderen Parteien um das fast krankhafte Sicherheitsbedürfnis der Luxemburger wissend, bestand die CSV drauf, in sämtlichen von ihr geführten Regierungen den Finanzminister zu stellen, der in den vielen goldenen Jahren der Nachkriegszeit gewaltige Überschüsse einfahren konnte. Diese wurden umgehend und nachhaltig von der damals tonangebenden „presse amie“ als Ergebnis weiser Voraussicht dargestellt, obschon sie schlicht und einfach dank Konjunktur in die Kassen flossen.

Der neue Finanzminister hört hoffentlich mit diesem Bluff auf. Zu seinem ersten Zahlenwerk, dem wegen des politischen Wechsels ungewöhnlich spät erstellten Budget für 2014, haben wir nichts zu sagen, was nicht auch zu Friedens letztem Zahlenwerk zu sagen war.

Nämlich:
1. Die Abschlusskonten von 2013 liegen nicht vor. Also fußen jene Teile des Budgets, die quasi mechanisch, unter Berücksichtigung der Inflation und sonstiger Steigerungskriterien, fortgeschrieben werden, auf möglicherweise falschen Prämissen. Das gilt sowohl für die Kosten- als auch für die Einnahmenseite.

2. Sehr stark schwankend sind die Erträge aus Steuern und Taxen. Mitunter sind Hunderte von Millionen da, die nicht erwartet wurden (wie 2013), weil die Regierung nur mit Verzug über die laufenden Geschäfte der Wirtschaft informiert wird. – Wer jetzt davon ausgeht, dass 2015, wegen der EU-Mehrwertsteuerdirektive, 0,6 bis 1,1 Milliarden Euro aus dem elektronischen Handel verloren gingen, irrt mit Sicherheit. Erstens, weil die Branche gut aufgestellt ist und neue Opportunitäten zu erschließen weiß, und zweitens, weil die Übergangszeit bis 2018 inklusive dauert.

3. Wenn es gelang, das Budget-Defizit des „Zentralstaates“ (das ist aus Brüsseler Sicht allein die Verwaltung des Staates, ohne Gemeinden und Sozialversicherungen) auf 545 Millionen herunterzufahren, dann vorrangig durch eine Senkung der Investitionen um 132,5 Millionen. Warum 132,5 und nicht 632,5? Dann wäre ebenfalls der „Zentralstaat“ im Gleichgewicht, so wie es die Brüsseler „Gesamtstaatsrechnung“ bereits ist, die sogar einen Überschuss von 100,3 Millionen ausweist und Luxemburg außer Reichweite der berüchtigten Troika bringt.

Abschließend ein guter Rat

Wir plädieren natürlich nicht für die Streichung von Investitionen und nicht für die Kürzung der Studienbeihilfen, die auch Investitionen in die Zukunft des Landes sind. Mit obigem Beispiel soll lediglich gezeigt werden, wie einfach Budgets in die eine oder die andere Richtung getrieben werden können.

Die eigentliche Nagelprobe für die Regierung ist der Haushaltsplan 2015, in dem sie ihren politischen Willen ausdrücken kann und muss.

Ein schwieriges Unterfangen, wenn tatsächlich an den Fundamenten der bisherigen Budgetpolitik gerüttelt wird. Hoffentlich sind die drei Koalitionäre sich darüber einig, dass sie die wichtigsten außerparlamentarischen Kräfte in ihre Überlegungen einbinden müssen.

Sonst gehen wir früher zur Wahl als 2018.